Zum Hauptinhalt springen

"Die Provision können wir uns sparen"

Von Helmut Dité

Politik
Zumindest beim Song Contest wollen die Wiener Hotels verlangen, "was sie wert sind".
© 25hours hotels

Hotelierverband-Präsidentin Reitterer will Buchungsplattformen ausbremsen und hofft, höhere Preise durchsetzen zu können.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Die Wiener Hoteliers erhoffen den "Mai des Jahrhunderts": Gleich nachdem feststand, dass der Song Contest 2015 in Wien stattfinden wird, begannen in den Sales-Abteilungen der Beherbergungsbetriebe die Bildschirme zu glühen. Bei zahlreichen Hotels ist es bereits jetzt nicht mehr möglich, für das ESC-Wochenende - das Finale findet am 23. Mai statt - zu reservieren. Zumindest Online-Buchungen enden oft erfolglos. Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, will jetzt die Gelegenheit gleich dazu nutzen, die großen Buchungsplattformen auszubremsen: Online Travel Agents, die ihre hohen Kommissionen mit dem Werbeaufwand argumentieren, hätten Erklärungsnotstand: "An Wien führt für Song-Contest-Fans kein Weg vorbei, das ist die einzige Werbung, die wir brauchen. Hohe Kommissionen sind nicht zu rechtfertigen. Forcieren wir also den Direktvertrieb. Über die Hotel-Websites und E-Mails werden noch viele Buchungen kommen", ist Reitterer kämpferisch. Der Event zur ohnehin immer als Hochsaison geltenden Pfingstzeit sollte ihrer Meinung nach auch dafür sorgen, dass man endlich auch im international vergleichsweise niedrigpreisigen Wien für ein Hotelzimmer "das verlangen kann, was es wert ist".

Wer versucht, für die Nacht vom 23. auf den 24. Mai 2015 ein Bett zu ergattern, erhält oft jetzt schon Rückmeldungen wie diese: "Leider sind zum gewünschten Termin keine Zimmer verfügbar." Betroffen sind so gut wie alle Gattungen, von Luxus über Business bis hin zu Design und Boutique. Fix gebucht sind die Räumlichkeiten jedoch oft noch nicht - sondern vorerst einmal geblockt.

Alleine Wien Tourismus hat rund 5700 Zimmer für den betreffenden Zeitraum reserviert. Es handelt sich dabei um das offizielle Kontingent, das für die Länderdelegationen der European Broadcasting Union (EBU) oder die anreisenden Medienvertreter benötigt wird. Wer wo nächtigt, ist dabei noch nicht fixiert. Die Contest-Proponenten können aus diesem Pool auswählen.

Allerdings haben auch Hotels selbst Vorsorge getroffen: "Bei jeder Großveranstaltung nimmt man sofort Kapazitäten vom Markt", erklärt Reitterer, dass zumindest Online-Buchungen mitunter nicht mehr möglich sind. Das gilt auch für ihren eigenen Betrieb, das Boutiquehotel Stadthalle Wien. Derzeit gibt es dort für die Finalnacht keine Schlafgelegenheit mehr - zumindest wenn man es über eine Buchungsplattform probiert.

Oft werde dort nichts mehr angeboten, weil man im Fall einer Buchung eine Provision an den Portalbetreiber zahlen müsse, erklärte Reitterer. Da man für den Song Contest die Zimmer auch ohne Probleme direkt vergeben könne, werde auf die Vermittlung über eine derartige Plattform verzichtet. Im Hotel Stadthalle sind jedenfalls bereits Zimmer blockiert, weil es schon Anfragen von Delegationen gab, berichtete die Chefin. Doch für Stammgäste würden Zimmer freigehalten.

Dass der Song Contest die Branche in Wien vor wirklich große Herausforderungen stellt, glaubt Reitterer nicht. Zwar würden natürlich tausende Menschen extra zu dem Event kommen, aber: "Von den benötigten Kapazitäten her ist es ein mittlerer Ärztekongress."

Wien verfügt über mehr als 440 Hotels mit insgesamt rund 65.000 Betten, die meisten Häuser - nämlich 170 - sind als Vierstern-Betriebe klassifiziert, die nobelste, die Fünf-Sterne-Kategorie, ist mit 22 Häusern auch die kleinste.

Erste Anfrage schon Minuten nach Conchitas Sieg

"Genug Anfragen" wurden auch in dem in Rathausnähe gelegenen 25hours-Hotel bereits registriert, so Sales-Manager Roland Eggenhofer. In der Design-Herberge wird sogar überlegt, nur Buchungen mit "minimum stay" zu ermöglichen. Angedacht wird ein Mindestaufenthalt vom 19. bis 24. Mai.

Im jüngsten Neuzugang in Sachen Luxus, im Park Hyatt, sind bereits rund die Hälfte der mehr als 140 Standardzimmer für die Contest-Zeit reserviert, berichtete Sales-Direktor Roko Palmic. Und er empfiehlt potenziellen Gästen, möglichst rasch zu handeln. Denn auch die Preise werden steigen, ist er überzeugt. Im Hyatt ist auch der mutmaßliche Rekordhalter in Sachen Schnelligkeit registriert worden, nämlich unmittelbar nach dem Sieg von Conchita Wurst in Kopenhagen am 10. Mai.

Bei Wiens größtem Bettenanbieter, den Austria Trend Hotels der Verkehrsbüro-Gruppe, sieht Geschäftsführer Andreas Berger die Sache mit dem Ausbremsen der Online-Plattformen nüchtern: "In den langfristigen Verträgen ist meist festgehalten, dass der Hotelier den OTAs eine bestimmte Quote zur Verfügung stellen muss, auch bei den Preisen sind die Relationen meist festgelegt." Und: "Die meisten unserer Häuser sind für den Song Contest derzeit noch problemlos buchbar, auch wenn wir natürlich Kontingente geblockt haben."

"Mit dem ,Fest der Freude‘, der Eröffnung der Wiener Festwochen, dem Life Ball und dem Song Contest wird im Mai ein Feuerwerk kultureller Großereignisse gezündet", freut sich Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny - inzwischen grübelt man in seinem Büro schon, ob Life Ball oder Festwocheneröffnung nicht doch verschoben werden könnte.

Ob es der "Mai des Jahrhunderts" für die Wiener Tourismuswirtschaft wird? "Das werden wir wahrscheinlich erst im kommenden Mai wirklich wissen", heißt es im Verkehrsbüro. Bis vier Wochen vorher könnten sich Buchungslage und auch Preise noch sehr unterschiedlich entwickeln. Angesichts von insgesamt 180 Millionen erwarteten TV-Zusehern weltweit sei der Werbewert für Wien aber jedenfalls "so gut wie unbezahlbar."