Die USA sollten mehr Geld ausgeben, um den demokratischen Umbruch in Ägypten zu unterstützen, und weniger für Afghanistan.
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Wie Samuel Johnson bemerkte, kann die Aussicht, gehängt zu werden, das Denkvermögen ungemein schärfen. Das lässt sich auch von der gegenwärtigen US-Budgetkrise sagen, die einige harte Entscheidungen über außenpolitische Prioritäten nötig machen wird, zum Beispiel dass die USA mehr Geld ausgeben sollten, um den demokratischen Umbruch in Ägypten zu unterstützen, und weniger für Afghanistan.
Derzeit geben die USA jährlich rund 110 Milliarden Dollar für den Afghanistan-Krieg aus, rund 3,2 Milliarden an Militär- und Wirtschaftshilfe für Pakistan und nur rund 150 Millionen für Ägypten. Das ergibt keinen Sinn, wenn man diese Zahlen den Interessen der USA gegenüberstellt. Die Pyramide steht auf dem Kopf.
US-Präsident Barack Obama sollte die Gelegenheit der Krise ergreifen, die Ausgaben für die nationale Sicherheit umzugestalten. Die Erklärung für den großen Geldregen in Afghanistan lautet, künftige Al-Kaida-Angriffe zu verhindern. Ein erfolgreiches demokratisches Ägypten wäre aber eine viel wirkungsvollere Abwehr gegen die Verbreitung islamistischen Terrors als ein noch so stabiles Afghanistan. Der allerbeste Schutz wäre ein gedeihendes demokratisches Pakistan.
Deshalb muss man natürlich Afghanistan den Stecker nicht gleich ganz herausziehen, besonders da gerade die "Fighting Season", die Kampfsaison, beginnt. Aber die USA sollten sich an den Zeitplan halten, die Verantwortung bis 2014 an die Afghanen zu übertragen. Und auf dem Weg dorthin sollten sie weniger Geld ausgeben. Das bedeutet einen kleineren militärischen Fußabdruck, einen größeren Einsatz paramilitärischer Kräfte und mehr Einsatz von Diplomatie.
Die Zeit ist reif für diesen Schwenk. US-Außenministerin Hillary Clinton hat schon eine diplomatische Aufstockung angekündigt. Und sie hat Marc Grossman als ihren neuen Afghanistan-Beauftragten angeheuert, einen langgedienten Diplomaten, der sich sehr für Verhandlungen mit den Taliban einsetzt. Auch aus Afghani stan und Pakistan selbst kommt neuer Schwung. Pakistans Premierminister Yousaf Raza Gillani besuchte vergangenes Wochenende Kabul, um Afghanistans Präsidenten Hamid Karzai zu treffen. Die beiden erneuerten Pläne für eine gemeinsame Friedenskommission, die auch den pakistanischen Militärchef Ashfaq Kiyani und den pakistanischen Geheimdienstchef Ahmed Shuja Pasha umfasst. Die Botschaft ist klar: Pakistan möchte mithelfen, einen Frieden auszuhandeln.
Noch ein Schubs für den afghanisch-pakistanischen Friedenszug kommt aus Großbritannien, das ebenfalls auf baldige Verhandlungen drängt. Schwierig ist aber natürlich die Frage, ob die Taliban schon bereit dazu sind. Ja, sagen einige Vermittler, aber Grossman möchte mehr Klarheit, mit wem er es zu tun hat.
Die USA wollen einen entscheidungsbefugten Taliban-Beauftragten, der eine Verbindung zu Talibanführer Mohammad Omar hat und auf eine Einigung hinarbeitet, die alle drei wichtigen Punkte beinhaltet: die Gewalt beenden, sich von Al-Kaida abwenden und die afghanische Konstitution anerkennen. Noch hat Grossman einen solchen Mann nicht gefunden, aber er sucht, mit britischer, afghanischer und pakistanischer Unterstützung.
Aber zurück nach Ägypten. Für die Terrorabwehrpolitik der USA hat nichts höhere Priorität, als den Revolutionären vom Tahrir-Platz zu helfen, ein neues starkes Land aufzubauen, das der arabischen und islamischen Welt den Weg zu einer besseren, gesünderen Zukunft zeigen kann.
Übersetzung: Redaktion Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post". Originalfassung