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Die Qualität der Frauen

Von Matthias Greuling

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Was ist so ein Filmfestival eigentlich? Eine Parade des Weltkinos oder die Bühne für gesellschaftlich relevante Themen wie etwa die #metoo-Debatte? Beides, das hat das Filmfestival von Cannes gezeigt. Jury-Präsidentin Cate Blanchett hat zwar gleich zu Beginn die Weisung ausgegeben, ungeachtet von Quoten nur filmische Qualität auszuzeichnen, so ganz glaubt man beim Preisträgerfilm "Shoplifters" des Japaners Hirokazu Kore-eda allerdings nicht daran, dass sich Blanchett an ihren Vorsatz gehalten hat. Zwar macht Kore-eda immer bessere Filme, diese Palme wirkt aber wie eine Konsensentscheidung der Jury.

Dabei gab es im Wettbewerb Filme, die gesellschaftliche Relevanz und Filmkunst miteinander vereinten. Ausgerechnet die wurden heuer nur mit den "Trostpreisen" belohnt. Spike Lee mit seinem erstklassigen Rassismus-Drama "BlacKkKlansman" bekam den Großen Preis der Jury, Nadine Labaki nur den Preis der Jury für das absolut palmenwürdige Kinderdrama "Capharnaüm" und Alice Rohrwacher nur den Drehbuchpreis für den bewegenden "Lazzaro Felice".

Ist Ihnen aufgefallen, dass die beiden letztgenannten Filme von Frauen gemacht wurden? Auch diese historische Chance hat man in Cannes verstreichen lassen: Die erste Goldene Palme an eine Frau seit Jane Campion für "Das Piano" - und die zweite in der Geschichte des Festivals überhaupt. Schade, dass man so auch nicht sichtbar gemacht hat, dass Frau-Sein und Qualität-Machen einander nicht ausschließen.