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Die Queen als Politikerin

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Wenn die britischen Parlamentswahlen so ausgehen, wie die aktuellen Prognosen es sagen, steht London, aber auch Brüssel, vor einem veritablen Problem. David Camerons Tories könnten zwar stärkste Partei bleiben, aber die Mehrheit mit ihrem jetzigen Koalitionspartner, den Liberaldemokraten, klar verfehlen.

Der sozialdemokratischen Labour-Partei unter Ed Miliband könnte es - gemeinsam mit den schottischen Nationalisten von der SNP - ähnlich ergehen. Zwar hat Miliband jede Zusammenarbeit mit der SNP bisher abgelehnt, aber am Ende könnte ihm gar nichts anderes übrig bleiben. Die Tageszeitung "The Guardian" kommt in ihrer jüngsten Schätzung erst bei einer Labour-geführten Koalition von vier Parteien auf die erforderliche Mehrheit von 326 Sitzen im Unterhaus.

Cameron wird daher nicht müde, die Gefahr einer Labour/SNP-Koalition zu beschreiben: Die Schotten wollten - wegen ihrer Abspaltungstendenzen - Großbritannien zerstören, daher wäre eine Regierungsbeteiligung der SNP ein Unding. Was er nicht dazusagt, ist, dass er selbst 2017 ein EU-Referendum abhalten will. Und diese Abspaltung der Briten von Europa wäre wirtschaftlich ein Desaster für die Insel und politisch eine Katastrophe für die EU.

Das wäre deutlich zerstörerischer, als es die EU-freundlichen Schotten jemals vorgehabt haben könnten. Dazu kommt, dass Cameron Großbritannien außenpolitisch in eine armselige Position manövriert hat. Cameron ist wohl der schwächste Premierminister seit 1945.

Ob es Miliband besser könnte, weiß keiner. Aber er hat immerhin klargemacht, dass unter ihm das Vereinigte Königreich in der EU bleiben würde. Das macht ihn berechenbarer.

Bleibt die Frage, wie die ausländerfeindliche Rechtsaußen-Partei Ukip abschneiden wird. Wegen des Mehrheitswahlrechts in Großbritannien sieht es so aus, als könnte sie zwar stimmenmäßig einen Erfolg einfahren, aber kaum Mandate erobern.

In dieser schwierigen politischen Lage kommt plötzlich wieder die Queen ins Spiel. Sie wird am 27. Mai ihre Rede halten und dann jemanden mit der Regierungsbildung betrauen müssen. Schon jetzt gibt es hektische Konsultationen zwischen dem Parlament und dem Königspalast. Denn die Monarchin muss eine zentrale Rolle spielen, wenn es nach den Wahlen ein Patt gibt.

Ins 21. Jahrhundert passt das allerdings nicht.