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Die Rassistin, die keine war

Von Katja Fenkart

Politik
Zielscheibe konservativer Blogger: Shirley Sherrod. Foto: ap

Schwarze Beamtin verlor Job wegen Rassismusvorwürfen. | US-Regierung entschuldigte sich. | Washington. Wenn US-Präsident Barack Obama persönlich anruft, um sein Bedauern auszudrücken, dann muss etwas Ernstes passiert sein. Sieben Minuten nahm er sich Zeit, um mit Shirley Sherrod zu sprechen. Auf den Anlass dieses Gespräches hätte die 62-Jährige wohl gerne verzichtet. Die schwarze Abteilungsleiterin des Agrarministeriums in Georgia wurde fälschlicherweise zur Rassistin stilisiert.


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Ein konservativer Blogger hatte vergangenen Montag im Internet einen zweieinhalb Minuten langen Film-Mitschnitt einer Ansprache Sherrods bei der Bürgerrechtsorganisation NAACP veröffentlicht. Das Video wurde daraufhin vom US-Fernsehsender Fox wiederholt ausgestrahlt. Die 62-Jährige gab darin zu, sie habe vor 24 Jahren im Rahmen ihrer Tätigkeit bei einer Non-Profit-Organisation einen weißen Farmer aufgrund seiner Hautfarbe "nicht mit allen Möglichkeiten unterstützt". Da so viele schwarze Menschen ihr Land verloren hatten, habe sie gezögert, dem weißen Farmer zu helfen. Besonders die Ausstrahlung durch Fox gab den Ausschlag für die Reaktion des Landwirtschaftsministeriums, das Sherrod zur Kündigung drängte.

Nur eines hatte Landwirtschaftsminister Tom Vilsack dabei vergessen: Zu überprüfen, ob die Vorwürfe gegen Sherrod überhaupt berechtigt waren. Ein Sturm der Entrüstung brach über die Frau herein, ohne dass sich jemand die Mühe machte, sich die gesamte dreiviertelstündige Rede anzusehen. Als tags darauf das vollständige Video auftauchte, wurde klar, dass der Ausschnitt völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden war. Sherrod hatte in der Rede nicht etwa gegen weiße Farmer gehetzt, sondern vor Rassismus gewarnt. Mit dem Fall des weißen Farmers wollte die 62-Jährige zeigen, dass auch sie selbst Vorurteile überwinden musste. Schlussendlich hatte sie dem Mann aber geholfen.

Sherrod wird nun mit Entschuldigungen überhäuft. Seine Regierung werde aus dem Zwischenfall lernen, betonte Obama. Vilsack bot der Frau einen neuen Posten an. Ob sie diesen annimmt, ist unklar.