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Die Rationalität des Iran

Von David Ignatius

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Was bringt das Regime in Teheran dazu, sein Verhalten zu ändern? Vermutlich nur die Drohung eines Krieges, den es nicht gewinnen kann.


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"Wir sind der Meinung, dass das iranische Regime rational handelt", sagte US-Generalstabschef Martin Dempsey auf CNN. Da hat er wohl recht, aber seine Bemerkung wirft eine knifflige Frage auf: Wie viel Druck wird nötig sein, um diesen "rationalen" Staat dazu zu bringen, sein Atomprogramm einzuschränken? Die Antwort ist nicht tröstlich: Wie die jüngste Geschichte zeigt, wird das iranische Regime sein Verhalten nur ändern, wenn es mit überwältigender Stärke und der Aussicht auf einen Krieg, der nicht zu gewinnen ist, konfrontiert wird.

Es gibt zwei klare Beispiele für einen iranischen Rückzug. Sie zeigen, dass die iranische Führung nicht aus irrationalen Idioten besteht, aber auch, dass sie es durchaus darauf ankommen lässt: Ayatollah Ruhollah Khomeini stimmte im Juli 1988 der Beendigung des Irak-Iran-Kriegs zu. Seine Entscheidung traf er nach dem Abschuss eines iranischen Verkehrsflugzeugs vom US-Schiff "Vincennes" aus, der unabsichtlich erfolgt war, aber letztlich doch eine Demonstration der überlegenen Feuerkraft der USA im Persischen Golf darstellte.

Und das Regime von Ayatollah Ali Khamenei unterbrach im Herbst 2003 aufgrund internationalen Drucks sein Atomwaffenprogramm. Die Entscheidung folgte auf den Einmarsch der USA im Irak im März 2003, den die Iraner als möglichen Vorboten für einen Angriff auf iranischem Boden sahen. Damals stimmten die Iraner auch Gesprächen mit europäischen Staaten über die Begrenzung der Urananreicherung zu. Das war der Startschuss für das Schachern, das heute anhält.

Andere Beispiele sind weniger offensichtlich, aber auch sie werfen ein Licht auf rationale iranische Reaktionen auf Druck. Auch das Verhalten der Iraner in den Verhandlungen verändert sich je nach Wahrnehmung, wie ernst es dem Westen ist. Als Russland und China 2010 die UNO-Sanktionen unterstützten, wurden die Iraner nervös. Als Indien und China kürzlich ihre Ölkäufe verringerten, fand das in Teheran Beachtung.

Klare Botschaften für den Iran - und auch für Israel - sind wichtig angesichts der immer größeren Spannungen wegen eines möglichen israelischen Angriffs auf atomare Ziele im Iran. Die direkteste öffentliche Botschaft bisher kam von Dempsey bei seinem Auftritt in Fareed Zakarias Show "GPS". Dort sagte der US-Generalstabschef: "Das iranische Regime hat sich nicht entschieden, seine nuklearen Möglichkeiten waffenfähig zu machen." Dadurch bot er der Führung in Teheran die Chance, ihr Gesicht zu wahren: Da der Iran noch keine Atomwaffen herstelle, wäre ein Angriff Israels "voreilig" und "nicht vernünftig".

Das Signal in Richtung Israel ist klar: Greift nicht an! Aber was ist mit der Botschaft für den Iran? Die Geschichte zeigt, dass die Kleriker in Teheran eine Übereinkunft erst dann akzeptieren, wenn sie zu dem Schluss gekommen sind, dass die einzige Alternative ein vernichtender Krieg wäre. Irgendwie müssen die USA den Iran davon überzeugen, dass es sich um eine äußerst ernste Konfrontation handelt.

Übersetzung: Redaktion

Originalfassung: Getting Iran to back down