Problematische Entscheidungen der Politik führen zu Wohlstandsverlusten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 1 Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der britische Ökonom Hugh Pill, einflussreicher Berater der Bank of England, sorgte jüngst mit einer eher unpopulären Diagnose für einigen Unmut: "Die Menschen müssen endlich akzeptieren, dass sie ärmer werden, und aufhören, höhere Löhne zu verlangen." Tatsächlich führen natürlich in Zeiten starker Geldentwertung, wie wir sie gerade erleben, starke Lohnerhöhungen zu starker Inflation, weil die Unternehmen diese Kosten natürlich an die Kunden weitergeben - eine nicht enden wollende Spirale nach oben. Trotzdem ist natürlich verständlich, dass die Werktätigen nicht einfach Kaufkraftverluste hinnehmen wollen oder gerade bei den Geringverdienern nicht hinnehmen können.
Da aber die Inflation gebrochen werden muss, weil sie sonst ganze Staaten zerstören kann, ist die politische Frage: Wie werden die unvermeidbaren Einbußen an Wohlstand so verteilt, dass alle Beteiligten irgendwie damit leben können? Denn irgendwie stimmt der Satz des Mister Pill ja: Wir alle müssen akzeptieren, dass wir etwas ärmer werden, freilich nicht nur die, die Löhne und Gehälter beziehen.
Die aktuelle Inflation ist freilich nicht vom Himmel gefallen, sondern Folge einer ganzen Reihe politischer Entscheidungen. Etwa der, gewaltige Mengen Geldes in der Eurozone zu drucken und die Zinsen jahrelang bei null zu halten, um dem südlichen Teil der EU ökonomische Reformen zu ersparen. Oder auch der Entscheidung, eine mehr glaubensbasierte denn vernunftgetriebene Energiepolitik in Europa einzuläuten. Und auch die Sanktionen gegen Russland - so sehr man sie politisch für alternativlos erachten kann - sind natürlich mit hohen Kosten verbunden.
All diese und eine ganze Reihe anderer politischer Entscheidungen sind, auch wenn die Politik uns das gelegentlich vorgaukelt, nicht umsonst. Wenn nun "die Menschen akzeptieren müssen, dass sie ärmer" werden, dann ist das rein wirtschaftlich ja die Folge dieser kostspieligen politischen Entscheidungen - die freilich in der einen oder anderen Form demokratisch legitimiert sind (vielleicht mit Ausnahme der EZB, aber das kann man lange diskutieren).
Bemerkenswert daran ist die stark zunehmende Angst der Politik, den Menschen das klarzumachen. Stattdessen wird, ganz besonders hierzulande, der gleichsam natürliche Schmerz mit immer neuen Tonnen frisch gedruckten und/oder ausgeborgten Geldes zugeschüttet. Das war in früheren, vergleichbaren Krisen noch anders. Als Mitte der 1970er der Ölpreis explodierte und in der Folge das Preisniveau, gab es weder Heizkostenzuschüsse noch andere Formen staatlicher Schnitzelgutscheinpolitik. Selbst die damalige sozialdemokratische Regierung entschied - ökonomisch übrigens vernünftig -, kurzfristige Wohlstandseinbußen hinzunehmen, anstatt sie mithilfe von Helikoptergeld zu verschleiern.
Heute hingegen gilt, und das ziemlich parteienübergreifend, die Regel "Was immer es kostet". Das ist für die politische Klasse einigermaßen komfortabel - bedeutet am Ende aber, dass es verdammt viel kosten wird. Aber dann sind die heutigen Entscheidungsträger ja schon längst nicht mehr zur Verantwortung zu ziehen.