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Die Rechte der Opfer müssen zuerst kommen

Von Parfait Onanga-Anyanga

Gastkommentare
Parfait Onanga-Anyanga ist der Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für die Zentralafrikanische Republik.

Der Kampf gegen sexuelle Ausbeutung und sexuellen Missbrauch - auch durch UN-Soldaten - ist in erster Linie ein Kampf für die Menschenrechte.


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Vor kurzem wurde ich wieder mit einem schrecklichen Vorwurf gegen Friedenssicherer der UNO-Mission in den Zentralafrikanischen Republik konfrontiert, die eine 14-Jährige vergewaltigt haben sollen. Kollegen von Unicef und UNHCR machten mich auch auf neue Vorwürfen aus den Jahren 2014 und 2015 aufmerksam. Ich finde keine Worte, um diesen Schmerz zu beschreiben.

Es ist mein Job, dieses schreckliche Übel in meiner Mission zu beenden. Unsere Bemühungen dürfen nicht enden, bevor alle Täter identifiziert wurden, die Opfer alle Fürsorge bekommen, die sie verdienen, und - vielleicht am wichtigsten - die Verantwortlichen verurteilt werden.

Seit ich dieser Mission Ende August 2015 beitrat, bin ich tausende Kilometer durch Zentralafrika gefahren und habe ständig wiederholt, dass sexuelle Ausbeutung und sexueller Missbrauch inakzeptabel sind, und unser UNO-Personal an unsere Verpflichtung erinnert, die Menschen zu schützen. Es gab erschütternde Treffen mit Familienmitgliedern von Opfern sexueller Gewalt durch bewaffnete Gruppen und internationale Friedenssicherer, sowohl UN als auch Nicht-UN.

Ich bin unglaublich enttäuscht, dass diese Mission die meisten Fälle von sexueller Ausbeutung und Missbrauch unter allen UNO-Friedensmissionen aufweist, bin aber auch vom positiven Feedback seitens der Opfer, der Bevölkerung und der nationalen Behörden ermutigt.

Es bedarf einer kollektiven Anstrengung. Die Annahme der Resolution 2272 durch den UNO-Sicherheitsrat am 11. März befürwortet die starke Haltung des Generalsekretärs, sexuelle Ausbeutung und Missbrauch aus UNO-Friedensmissionen zu eliminieren. Belangen die Herkunftsländer die eigenen vermeintlichen Täter nicht binnen sechs Monaten strafrechtlich, ist der Generalsekretär nun bevollmächtigt, ganze Einheiten zurückzuschicken, wie er es jüngst mit Truppen aus der Demokratischen Republik Kongo und der Republik Kongo getan hat.

Ich habe diesen Kampf zu einer der obersten Prioritäten der Mission gemacht. Eine Taskforce wurde dazu geschaffen, und eigene Patrouillen außerhalb der Camps beobachten die außerdienstlichen Aktivitäten des uniformierten Pesonals. Dies sind Schritte in die richtige Richtung, aber wir haben noch mehr düstere Tage vor uns, bevor wir Licht am Ende des Tunnels sehen werden.

Vor allem müssen wir die Opfer ins Zentrum unserer Bemühungen stellen. Wir stellen Sofortnothilfe zur Verfügung und koordinieren uns mit allen relevanten UN- und Nicht-UN-Büros und Einheiten für eine längerfristige Unterstützung. Ich weiß, wie schwierig dieser Kampf angesichts des Umfeldes ist. Aber ich gebe nicht auf. Denn die Tage des Schweigens sind vorbei. Es ist an der Zeit, sich zu erheben. Die Rechte der Opfer müssen zuerst kommen. Der Kampf gegen sexuelle Ausbeutung und sexuellen Missbrauch ist in erster Linie ein Kampf für die Menschenrechte. Opfer dürfen nicht den doppelten Horror des Missbrauchs und der Ausgrenzung erleiden. Sie erleben Zurückweisung durch ihre eigenen Gemeinschaften aufgrund des kulturellen Stigmas. Ich werde weiterkämpfen, für jede Frau, jedes Kind, damit keine Jugendliche mehr in diesem Land Opfer sexueller Ausbeutung und Missbrauchs wird.