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Einen derart tumultuösen Präsidentschaftswahlkampf hat Frankreich lange nicht erlebt. Am Mittwoch ging der jüngste Teil im spannenden Kampagnen-Krimi über die Bühne: Der französische Konservative François Fillon trat vor die Presse und erklärte trotzig: "Ich werde nicht nachgeben." Und: "Ich werde mich nicht zurückziehen." Vor der Pressekonferenz war spekuliert worden, dass Fillon seine Kandidatur aufgeben könnte. Immerhin steht der ehemalige französische Premier unter Verdacht, seine Frau Penelope 15 Jahre lang als parlamentarische Assistentin scheinbeschäftigt zu haben, am 15. März soll er vor dem Ermittlungsrichter aussagen.
Doch Fillon ging nun in die Gegenoffensive: Die Richter würden eine politische Agenda verfolgen, möglicherweise würden auch die Finanzbehörden alles daransetzen, ihm zu schaden. Fillon sprach von einem "politischen Mordanschlag".
Die Affäre, die im Jänner vom satirischen Aufdeckerwochenblatt "Le Canard Enchaîné" erstmals aufs Tapet gebracht worden war, hat Fillons Ansehen enormen Schaden zugefügt. Lange Zeit galt der frühere Premier als Favorit für die Präsidentschaftswahl, die Vorwürfe haben nun dazu geführt, dass der konservative Kandidat in den Umfragen stetig zurückfällt. Derzeit liegt er hinter der rechtsextremen Marine Le Pen und dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron an dritter Stelle.
Sein Weggefährte Bruno Le Maire hat sich mittlerweile von ihm abgewandt und das Wahlkampfteam verlassen. Er wirft Fillon Wortbruch vor. Denn dieser hatte Ende Jänner angekündigt, bei der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens auf eine Präsidentschaftskandidatur zu verzichten. Doch für Fillon gilt offenbar Konrad Adenauers Devise: "Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?" Ob Fillons Kampagne wieder Tritt fassen kann, ist höchst ungewiss. Für die Konservativen scheint der Zug abgefahren zu sein.
Übrigens droht auch Le Pen ein Rechtsstreit. Das EU-Parlament droht ihre Immunität aufzuheben, weil sie im Jahr 2015 auf Twitter Fotos von Gewalttaten der Extremistenmiliz IS gepostet hatte, zudem schuldet sie dem EU-Parlament 339.000 Euro.
Frankreichs Rechte haben also offenbar ein Problem mit dem Recht. Am 23. April, dem Sonntag, an dem die erste Runde der Präsidentenwahl über die Bühne geht, wird man sehen, wie die französischen Citoyens dies bewerten.