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Die "Rechtspopulisten" und ihre Wähler

Von Daniel Gaubinger

Gastkommentare
Daniel Gaubinger war Mitarbeiter der Forschungsgruppe "European Governance and Public Finance" am Institut für Höhere Studien (IHS) und arbeitet nun als Social Media Researcher für datenwerk.
© privat

Die Verbreitung des "Rechtspopulismus" ist nicht bloß anhand von Wählerstimmen messbar.


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Auf regionaler, nationalstaatlicher und europäischer Ebene waren in den vergangenen Jahren "rechtspopulistische" Parteien (wie FPÖ, AfD, Lega) und EU-Parlamentsfraktionen (etwa "Identität und Demokratie") auf dem Vormarsch. Das Ergebnis der jüngsten Wien-Wahl zeigt jedoch ein anderes Bild: Hier fiel die FPÖ - eine je nach Definition "rechtspopulistische", "rechtsextreme" oder "populistisch radikale rechte" Partei - von rund 30 Prozent auf unter 8 Prozent der Wählerstimmen. Auch mit den Stimmen für HC Strache war es nur noch ein Drittel des Anteils von 2015.

Studien, die sich mit dem Phänomen "Rechtspopulismus" - eine weit verbreitete, wenn auch unpräzise Bezeichnung - beschäftigen, ziehen den von solchen Parteien errungenen Anteil an Wählerstimmen als Indikator dafür heran, ob und inwieweit "Rechtspopulismus" in einer Region, einem Bundesland oder einem Nationalstaat verbreitet ist. Ausgehend vom Aufbau der Modelle dieser Studien und der Parteienkategorisierung könnte geschlussfolgert werden, in Wien sei der "Rechtspopulismus" seit 2015 stark zurückgegangen.

Der bloße Blick auf die Wahl einer bestimmten Partei birgt folglich Probleme: Zum einen wird das Phänomen "Rechtspopulismus" durch die Fokussierung auf die Wahl einer bestimmten Partei stark reduziert und vereinfacht. Zum anderen kann die Kategorisierung als "rechtspopulistische" Partei zunehmend Schwierigkeiten bereiten, nehmen doch auch konservative Parteien vermehrt "rechtspopulistische" Positionen ein, was zu immer mehr Überschneidungen führt. Bedient man sich weiter des Beispiels Österreich, konkret der Wien-Wahl, können solche Überschneidungen verstärkt zwischen ÖVP und FPÖ ausgemacht werden, wo sich auch Argumentationsstränge immer mehr angleichen - insbesondere mit Blick auf die Migrationsthematik.

Um diesen Problemen zu entgegnen, wird dafür plädiert, "Rechtspopulismus" auf einer Individualebene zu messen, nämlich durch eine "rechtspopulistische" Einstellung. Ausgangspunkt hierfür stellt die vielbeachtete Arbeit von Cas Mudde (2007) über Parteien dar, die er als "populist radical right" ("populistisch-radikale Rechte") bezeichnet und anhand dreier Merkmale definiert: Populismus, Nativismus und Autoritarismus. Populismus ist dabei die Unterteilung der Gesellschaft in das "gute Volk" und die "korrupte Elite" und der dabei unternommene Versuch, an einen Gemeinwillen zu appellieren. Nativismus stellt eine Kombination aus Nationalismus und Xenophobie dar. Unter Autoritarismus wird ein Law-and-Order-Kurs verstanden, der eine starke Polizei und harte Justiz fordert. Alle drei Merkmale können durch Sozialerhebungen untersucht und zu einer "rechtspopulistischen" Einstellung einer Person verknüpft werden.

Zur Feststellung, ob der "Rechtspopulismus" in Wien tatsächlich zurückgegangen ist, bedarf es damit keines Wahlergebnisses mehr. Vielmehr ist es die "rechtspopulistische" Einstellung, die zählt und jederzeit gemessen werden kann. Die Möglichkeit, das Wahlvolk hierdurch näher zu analysieren, könnte über vieles Aufschluss geben. Auch darüber, ob zum Beispiel nur die ÖVP zunehmend FPÖ-Positionen einnimmt oder sich auch deren Wählergruppen immer mehr überschneiden.

Eine Langfassung des Textes ist als Policy Brief der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) erschienen: www.oegfe.at/policybriefs