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Die Reform der Reformkommission

Von Brigitte Pechar

Politik

Reformbefürworter und Reformgegner können ohne Bericht der Pensionskommission sehr gut leben.


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Wien. Es gibt keinen Bericht der Pensionskommission zur Mittelfristprognose. Und das, obwohl die Zahlen eine positivere Entwicklung prognostizieren als im Jahr davor. Der staatliche Zuschuss ins Pensionssystem werde demnach zwar bis zum Jahr 2020 von 3,07 Prozent auf 3,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen; dank Reformen falle der Anstieg aber deutlich schwächer aus als in der Budgetplanung verbucht - die "Wiener Zeitung" berichtete in der Samstag-/Sonntag-Ausgabe.

Der Bericht der Pensionskommission wurde abgelehnt - von den ÖVP-Vertretern, aber auch von Wissenschaftern. Und zwar nicht, weil sie den Zahlen keinen Glauben schenken, sondern weil die Anzahl der Rehabgeld-Bezieher und die Prognose für die Zukunft nicht enthalten sind. Das schmälere die Aussagekraft des Berichtes entscheidend, sagte etwa Ulrich Schuh vom industrienahen Institut Eco Austria, der ebenfalls Mitglied der Pensionskommission ist, zur "Wiener Zeitung". Nach der Ablehnung habe der Vorsitzende der Kommission, Rudolf Müller, keine Überarbeitung angekündigt, sondern die Sitzung beendet mit dem Hinweis darauf, dass der Minister nun entscheiden müsse. Eine solche Vorgangsweise habe es bisher noch nie gegeben, sagte Schuh.

Hundstorfer: Es kommtkein neuer Bericht

Eine Ergänzung oder Neufassung des Berichts wird es aber definitiv nicht geben. Das hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer am Montag ausgeschlossen. "Einen sogenannten neuen Bericht wird es jetzt nicht geben", so Hundstorfer. Dass Experten noch Details klären könnten, schloss er aber nicht aus. Die Kritikpunkte wies der Minister zurück. "Wir betreiben weder Schönfärberei noch sonst etwas." Man habe nichts anderes getan, als die reale Zahlenentwicklung auf den Tisch zu legen. Dass Zahlen zu den Rehabilitationsgeld-Empfängern im Bericht fehlen, verteidigte er, die hätten dort nämlich auch nichts verloren. Und dass es beim Vollzug, also der beruflichen Reintegration, Nachholbedarf gebe, habe er selbst kürzlich öffentlich thematisiert, betonte der Minister.

Damit dürften alle Beteiligten ohnehin zufrieden sein. Offensichtlich will das Sozialministerium im Hinblick auf die Verhandlungen über eine Pensionsreform im Februar die Zahlen der Rehabgeld-Bezieher unter Verschluss halten. Die andere Seite, die auf Reformen im Pensionssystem - zum Beispiel auf eine Automatik (laufende Anpassung des Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung) - drängt, ist nicht unglücklich, wenn es keinen Bericht gibt, da dieser im Grunde Entwarnung gibt, was die Budgetbelastung betrifft. Beide Seiten können also sehr gut ohne diesen Bericht leben.

34 Mitglieder in der Pensionskommission

Über die Zusammensetzung dieser riesigen Kommission gab es schon häufig Auseinandersetzungen. 34 Mitglieder und noch einmal so viele Ersatzmitglieder zählt dieses Gremium. Vertreten sind darin alle Parlamentsparteien, die Sozialpartner, Vertreter der Ministerien und der Pensionistenorganisationen sowie Wissenschafter. Die Wissenschaft ist aber in der klaren Minderheit: Nur vier Wissenschafter zählt die 34-köpfige Kommission.

Die Pensionskommission werde derzeit von jenen Kräften domminiert, die einerseits eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters fordern und gleichzeitig dafür sorgen, dass ältere Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren, sagt Werner Thum, Vorsitzender der ÖGB-Pensionisten. Thum fordert daher eine grundlegende Reform der Pensionskommission. Auch der SPÖ-Pensionistenverband fordert die Auflösung der Pensionskommission.

Eine solche wird es sehr wahrscheinlich nicht so bald geben. Allerdings gibt es laut Sozialminister Rudolf Hundstorfer Gespräche über eine Neugestaltung. Dies sieht das derzeit gültige Regierungsprogramm ohnehin vor. Demnach sollen von der Pensionskommission künftig zusätzlich zu den ASVG-Pensionen und den Pensionen für Bauern und Selbständige auch die Beamtenpensionen sowie die Entwicklung der Betriebs- und Privatvorsorgepensionen dargestellt werden.

Es gebe diesbezüglich Gespräche mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Beamtenstaatssekretärin Sonja Steßl, sagte Hundstorfer. Ziel sei sicher auch eine Verkleinerung. Aber: Einen Zeitplan gibt es nicht.