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"Die Regierung hat mit den falschen Partnern geredet"

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Maria Schaumayer und Ernst Sucharipa haben bei den Entschädigungsverhandlungen sicherlich erstklassige, untadelige Arbeit geleistet, aber die Regierung hat mit den falschen Partnern geredet, meint Albert Sternfeld, der sich seit Jahrzehnten mit diesem Thema befasst hat und seinerzeit die Grundlagen für den Österreichischen Nationalfonds erarbeitet hat.


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Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" äußerte er die Befürchtung, dass die Zahlungen an jüdische Organisationen gehen, die niemand vertreten. Die österreichischen Juden, die vor 1938 hier gelebt haben, müssten die ersten Ansprechpartner sein, denn ihnen habe man Geschäfte, Häuser, Wohnungen, Wertgegenstände und Versicherungspolicen weggenommen.

Wie schon früher äußerte Sternfeld auch Zweifel an der Historikerkommission. Forschen solle man nachher, zuerst sollten die Betroffenen entschädigt werden und dazu brauche man keine Historikerkommission, denn die Fakten lägen ohnehin auf dem Tisch und seien dokumentiert.

Sternfeld verwies in diesem Zusammenhang auf sein vor elf Jahren erschienenes Buch "Betrifft: Österreich", das demnächst im Böhlau-Verlag in einer neuen ergänzten Auflage erscheint. Hier habe er aus eigener Erfahrung dokumentiert, mit welchen Schwierigkeiten und Kosten sich 1938 Vertriebene bei ihrer Rückkehr auseinanderzusetzen hatten, um etwa die Staatsbürgerschaft wieder zu erlangen. Erst seit einigen Jahren bekäme jeder Vertriebene, der das wolle, die Staatsbürgerschaft wieder kostenlos zurück.

Als zweites Beispiel führte Sternfeld die Frage entzogener Versicherungen an. Die Versicherungen hätten die entsprechenden Beträge in den Vierzigerjahren an das deutsche Reich abliefern müssen. In den Bad Kreuznacher Verträgen habe die BRD in den sechziger Jahren an die Republik Österreich entsprechende Mittel überwiesen, die aber nie den Opfern zugute gekommen seien. Deshalb habe auch die Republik Österreich diese Entschädigungen zu leisten und nicht die Versicherungen, die seinerzeit ohnehin bezahlt hätten, sagte Sternfeld, der vor seiner Pensionierung in der jahrzehntelang in der Versicherungswirtschaft tätig war.

Ein weiteres Anliegen sei ihm, die Fristen für die seinerzeitigen Wiedergutmachungsgesetze noch einmal zu öffnen. Viele Betroffene hätten seinerzeit zu spät von den Möglichkeiten erfahren und nicht davon Gebrauch machen können.