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Die Regierung in Athen darf neue Hoffnung schöpfen

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Europaarchiv

EU-Finanzminister drängen auf Einigung zu Rettungspaket.


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Brüssel. Zuversicht, vorsichtiger Optimismus, Erwartungen für eine Einigung: Anders als noch vor knapp zwei Wochen bemühten sich die Finanzminister der Eurostaaten vor ihrem Treffen in Brüssel, positive Signale auszusenden. Auch am Montagabend ging es um ein Hilfspaket für Griechenland, doch eine Entscheidung darüber sollte nicht abermals aufgeschoben werden.

Denn: "Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren", sagte der Vorsitzende der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker. Ebenso habe Athen die von den Ministern verlangten Vorleistungen erfüllt, zu denen die Definition zusätzlicher Einsparungen in Höhe von 325 Millionen Euro sowie die Verpflichtung der Parteivorsitzenden zur Fortsetzung des Sparkurses gehörten. Zuversichtlich, zu einer "abschließenden Einigung" über die zweite Finanzhilfe in Höhe von 130 Milliarden zu kommen, zeigte sich auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Fekter: Sonderkonto heikel

Von seiner österreichischen Amtskollegin Maria Fekter hingegen kam etwas Skepsis - und zwar zu dem sogenannten Sonderkonto, mit dem gewährleistet werden soll, dass Griechenland vorrangig seine Staatsschulden zurückzahlt. Das Konto könnte nämlich höheren Kapitalbedarf haben. Doch dürfte es nicht sein, "dass die Administration des Hilfspakets selbst wieder Geld verschlingt", befand Fekter: "Da müssen wir uns etwas einfallen lassen."

Es war nicht das einzige Detail, das vor dem Ministertreffen noch ungeklärt war. So tauchten Gerüchte auf, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) nicht mehr - wie bisher - ein Drittel der Finanzhilfen tragen würde. Fekter äußerte die Hoffnung, dass der IWF "an Bord bleibt".

Die Beteiligung des Privatsektors über einen Schuldenschnitt ist zwar fix eingeplant, doch was geschehen würde, wenn nicht genug Gläubiger zu einem Verzicht bereit wären, blieb ungewiss (siehe Seite 4). Ebenso war bis zuletzt offen, ob Athen mit all den Hilfen und Reformmaßnahmen den Schuldenstand des Landes bis 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken kann. So hatten die EU-Minister nach monatelangem Tauziehen noch an der Ausgestaltung der unterschiedlichen Rettungsmaßnahmen zu feilen, um die drohende Pleite Griechenlands in einem Monat abzuwenden.

Und ein Ende der Hilfsleistungen ist nicht absehbar. Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden sprach von einem "langen Prozess"; Ministerin Fekter von der Notwendigkeit, zu Wachstum zurückzukehren und strenger Überwachung, damit "die Griechen auch das implementieren, was im Programm gefordert ist". Eine Erhöhung der Summe auf mehr als die geplanten 130 Milliarden Euro wollen weder sie, noch Juncker oder Schäuble. Athen muss sich zudem auf längere Kontrollen einstellen: Verfolgt es die zugesagten Einsparungen und Reformen nicht weiter, kann das Rettungsprogramm jederzeit gestoppt werden.

Dem griechischen Finanzminister Evangelos Venizelos blieb dennoch nicht viel anderes übrig, als an eine Einigung auf das Rettungspaket zu glauben. Die Ungewissheit nutzte nämlich "weder der griechischen Wirtschaft noch der Eurozone insgesamt", erklärte er. Kurz zuvor hatte sein Land eine zusätzliche Hürde genommen, die Helsinki aufgestellt hat: Die finnische Regierung verlangte weitere Absicherungen künftiger Finanzhilfen. Entsprechende Garantien habe Griechenland nun in einem bilateralen Abkommen gegeben, berichtete der finnische Fernsehsender YLE.

Allerdings muss auch noch der deutsche Bundestag den nun geschnürten Maßnahmen zustimmen; das Votum ist für Ende Februar geplant. Und die finale Entscheidung fällt beim Gipfeltreffen am 1. und 2. März. Da müssen die EU-Staats- und Regierungschefs das Rettungspaket freigeben.

Konservative für Wachstum

Vor diesen Gipfel drängten der britische Premier David Cameron und elf weitere konservative Regierungschefs Ratspräsident Van Rompuy und Kommissionschef Barroso in einem offenen Brief, mehr für Wachstum zu tun.

Sie sehen dabei Prioritäten bei der Deregulierung etlicher Marktbereiche und beim Bürokratieabbau. So solle zur Stärkung des Binnenmarktes der Dienstleistungsbereich für mehr Wettbewerb geöffnet werden. In der digitalen Wirtschaft und im Energiesektor soll das Geschäft über Grenzen hinweg forciert werden. Europa müsse überdies innovativer werden - erreichen wollen das die Konservativen mit mehr Forschungsinvestitionen und besseren Finanzierungsbedingungen für Start-ups.

Handelsabkommen mit Indien, Kanada und Asean-Staaten sowie engere Beziehungen zu den USA, Russland und China sollen den Warenaustausch beleben. Die Arbeitsmärkte sollen mobiler werden - und auch der Finanzsektor zu Jobwachstum beitragen. Statt der Steuerzahler sollten die Banken selbst die Konsequenzen für zu hohe Risiken tragen müssen.

Unterzeichnet haben den Brief neben Cameron die Regierungschefs von Italien, Niederlande, Estland, Lettland, Finnland, Irland, Tschechien, Slowakei, Spanien, Schweden und Polen.