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Die Regierung organisiert sich neu

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Neue Formen der Zusammenarbeit. | 95 Themen stehen auf dem Arbeitsplan. | Homo-Ehe soll im Juni kommen. | Wien. Dass man nach einem Streit wie dem um die Steuerreform nicht einfach wieder zur Tagesordnung zurückkehren kann, haben sowohl SPÖ als auch ÖVP eingesehen. Aus diesem Grund hat die Große Koalition beschlossen, ihre Zusammenarbeit völlig neu zu strukturieren.


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So sollen Gesetzesvorlagen nicht wie bisher erst beim "Kanzlerfrühstück" am Mittwoch vor dem Ministerrat von Kanzler und Vizekanzler akkordiert werden, Meinungsverschiedenheiten sollten vielmehr schon am Montag Mittag gemeinsam mit den Regierungskoordinatoren ausgeräumt werden. Am Dienstag sind dann Fraktionsbesprechungen vorgesehen. Vor dem Ministerrat am Mittwoch soll es dann nur noch eine Präsentation der Vorlagen geben. Bei der Sitzung selbst sollen schon die nächsten Projekte besprochen werden.

Aus für Pressefoyer nach 37 Jahren

Im Zuge dieses Neustarts bricht die Regierung mit einer mehr als 30-jährigen Tradition: Das Pressefoyer im Anschluss an den Ministerrat wird gestrichen. Stattdessen soll die Öffentlichkeit bereits vor der Sitzung informiert werden.

Weitere Maßnahmen, um die Zusammenarbeit und das gegenseitige Vertrauen zu stärken, sind regelmäßige Regierungsklausuren, der gegenseitige Besuch von Ministern in den Parlamentsklubs des Koalitionspartners, das Gebot, die andere Partei bei Abstimmungen nicht zu überstimmen sowie der Verzicht auf einen Neuwahlantrag 2008.

Neuer Stil bringt auch Arbeitsergebnisse

Doch auch inhaltlich hat sich Rot-Schwarz einiges für heuer vorgenommen, denn es sei wichtig, dass sich dieser neue Stil in der Zusammenarbeit an konkreten Arbeitsergebnissen festmachen lasse, erklärte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Mittwoch.

Das Arbeitsprogramm umfasst 95 Themen, deren Behandlung und Erledigung auch terminlich fixiert wurde (siehe Grafik). Angefangen vom Pensionspaket im April bis zur Mietrechtsnovelle im Dezember. Auch im Juni - während der Fußball-EM - soll fest weitergearbeitet werden. Dann steht unter anderem die umstrittene Familienrechtsreform am Tapet. Darin enthalten ist die rechtliche Verankerung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften (Homo-Ehe). Im Oktober wird es noch einmal spannend. Dann soll es eine politische Einigung zur Steuerreform geben. Die Pläne dafür soll die im April einzusetzende Steuerreformkommission bis dahin erarbeiten.

"Österreicher sollen wissen, was wir tun"

Mit dem Arbeitsplan habe sich die Regierung ein gehöriges Maß an Selbstverpflichtung auferlegt, sagte Vizekanzler Wilhelm Molterer. Dazu komme nun, da die Themen gleich mit Terminen publik gemacht wurden, auch die Kontrolle durch die Öffentlichkeit. "Die Österreicher sollen wissen, was wir tun wollen und welchen Zeitplan wir haben", so Molterer.

Wissen: Das gemeinsame Neustart-Paket

Nachdem SPÖ und ÖVP am Dienstag unterschiedliche Texte zur Regierungseinigung veröffentlicht haben, hat man sich am Mittwoch offenbar doch auf einen gemeinsamen geeinigt. Im Folgenden der Inhalt:

Die Zusammenarbeit in Regierung und Parlament wird neu und detailliert geregelt: Demnach soll es künftig bereits am Montag ein Treffen von Bundes- und Vizekanzler mit den Regierungskoordinatoren Werner Faymann und Josef Pröll geben (und nicht erst das Kanzler-Frühstück vor dem Ministerrat). Am Dienstag sind dann Fraktionsbesprechungen und Koordinierung vorgesehen, am Mittwoch der Ministerrat.

Weiters geplant: Regelmäßige Regierungsklausuren, wechselseitige Auftritte der Fachminister im Parlamentsklub des Koalitionspartners, kein Überstimmen im Parlament bei Gesetzesinitiativen (inklusive Initiativ- und Entschließungsanträge), kein Neuwahlantrag im Jahr 2008, ein Arbeitsprogramm für 2008, das noch am Mittwoch beschlossen wurde (Artikel oben). Zudem wurde die Erarbeitung eines "Code of Conduct" für Ministerbüros paktiert. Dieser soll für eine bessere Kommunikation zwischen den Ressorts sorgen.

Zur Inflationsbekämpfung und -Abgeltung sind zwei Punkte vorgesehen, die mit 1. Juli 2008 in Kraft treten sollen: Erstens das Inflationsbekämpfungspaket mit Gebührenstopp (inklusive Autobahn-Vignette) sowie der Reduktion der Makler-Provision von drei auf zwei Monatsmieten, ein Preismonitoring bei Energie und Lebensmitteln sowie die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie.

Zweitens die Senkung der Lohnnebenkosten im Niedrigeinkommensbereich - also die Streichung des dreiprozentigen Dienstnehmerbeitrags zur Arbeitslosenversicherung bis 1100 Euro, die Senkung auf ein Prozent bis 1200 Euro und auf zwei Prozent bis 1351 Euro.

Drittens wird die Pensionserhöhung 2009 auf den 1. November vorgezogen.

Unter dem Punkt Steuerreform/Doppelbudget haben SPÖ und ÖVP vereinbart, dass die Steuern mit 1. Jänner 2010 um drei Milliarden Euro ohne Gegenfinanzierung gesenkt werden. Im März oder April soll dazu eine Steuerreformkommission unter dem Vorsitz von Molterer und Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter eingesetzt werden. Das Doppelbudget für 2009 und 2010 soll bis September stehen.

Eine politische Einigung über die Steuerreform soll es dann bis Oktober geben, die Begutachtung ist ab Dezember vorgesehen. Im Ministerrat beschlossen werden sollen Steuerreform und Budget 2010 im Februar 2009. Der Beschluss im Nationalrat ist im April/Mai 2009 vorgesehen.

Für die Gesundheitsreform sollen bis Ende 2008 "strukturelle und finanzielle Fragen" geklärt werden. Vorgesehen ist die Stärkung des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger und die "Ausschöpfung aller Effizienzpotenziale". Explizit ausgeschlossen wird eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge. Zusätzliches Geld soll aus Steuermitteln kommen. Wörtlich heißt es im Papier: "Zusätzliche Finanzmittel aus einer Vermögenszuwachsbesteuerung."

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