Heinz Fischer ist für das Amt des Bundespräsidenten bestens vorbereitet. Aus seiner Angelobungsrede zieht Manfried Welan Schlüsse auf die Art und Weise, wie er das Amt gestalten wird. Jedenfalls wird Schluss sein mit monarchischen Anwandlungen. Fischer steht für ihn als Symbol der Republik.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Angelobungsrede ist die Visitenkarte des Bundespräsidenten. Fischers Rede war schlicht und einfach, klar und klug, geschichtsbewusst, persönlich, menschlich. Sie war frei von Pathos und Phrasen. Wie ein Wasserzeichen schimmerte die demokratische Republik durch. Seine Amtsführung wird auch so sein.
Er ist für das Amt so vorbereitet wie keiner seiner letzten Vorgänger, theoretisch und praktisch, innenpolitisch und außenpolitisch. Er wird mehr informiert sein und anders informieren als seine Vorgänger. Information und Kommunikation werden sich verän-dern. Wir haben weder einen potemkinschen Bundespräsidenten noch eine Art trojanisches Pferd aus Weimar zu erwarten.
Die Angelobungsrede war offen. Deshalb war sie politisch. Im Prinzipiellen: Verfas-sungstreue, Gesetzestreue, gewissenhafte Erfüllung der Pflichten, Vertrauen und Verantwortung. Das vermittelt Sicherheit.
Der Bundespräsident vertritt die Republik nach außen. Nach Ungarn und in die Slo-wakei gehen die ersten Reisen. Das ist gut so. Nachbarschaftspolitik ist jetzt beson-ders wichtig.
Alle Bundespräsidenten bemühten sich, Werte über Worte weiterzugeben. Das höchste Amt verpflichtet zu den höchsten Werten auch nach außen. Frieden, Menschenrechte, Demokratie könnten die Spuren werden, die Fischer zieht.
2005 feiert die Zweite Republik ihren 60. Geburtstag. Staatsvertrag und Neutralität werden fünfzig. Klestil fand als erster Bundespräsident die richtigen Worte. Gerade durch sein Geschichtsbewusstsein wird Fischer hier besondere Zeichen setzen.
Das Amt wird entkaiserlicht werden. Der Bundespräsident ist nicht die Fortsetzung der Monarchie in der Republik. Er ist Symbol der Republik. Das bedarf einer besonderen Kultur, einer besonderen Pflege der Institution. Das hat seine Angelobung ver-sprochen. Der Bundespräsident darf nicht abgehoben sein, aber er muss Distanz wahren. Das ist schwierig, aber Fischer kann das. Er wird keinen seiner Vorgänger kopieren; er wird Vorbild für Nachfolger werden.
Die Regierung ist das wichtigste Organ. Die Regierungsbildung ist der wichtigste Vorgang der Politik. Da schlägt die Stunde des Bundespräsidenten. Die Parteien schweigen in der Regel vor der Wahl
über das "Wer mit wem". Nach der Verfassung ist der Bundespräsident zwar Herr der Regierungsbestellung. Wenn er aber das Gesetz des Handelns den Parteien überlässt, kann er rechtlich nur nachvollziehen, was sie poli-tisch entschieden haben. Klestil hat die "Sondierungsgespräche" eingeführt, führte sie und ließ sie führen, "um alle Möglichkeiten auszuloten". Vranitzky warnte Klima davor. Fischer kann (muss) hier neue Wege gehen.
Er bekennt sich als Österreicher und Europäer. Das müssen manche, vielleicht viele Österreicher noch lernen. Hier kann der Bundespräsident mit der Macht des Wortes aufklären: Er wird nicht nur an Taten, sondern auch an Reden gemessen.
Vor der Wahl stellte er klar, dass er kein Gegenkanzler werden will. Er hat auch nicht gesagt, dass er ein "starker" Bundespräsident werden will, wie es seine beiden Vorgänger sagten. Als Mediator wird man ihn schätzen, wenn er zusammenführt und eint. Dass er die gemeinsame Außenpolitik als gemeinsames Ziel ansieht, kann neue Entwicklungen bedeuten.
Fairness und Gerechtigkeit, auch soziale Gerechtigkeit verlangt er gerade bei Reformen, deren Notwendigkeit er (ein)sieht. Zum Nachdenken stellt er die Frage: "Selbst wenn der Bundespräsident tun könnte, was er will, kann er auch wollen, was er will?" Diese Frage schließt Grenzen und Folgen ein: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem. Eine Reise von fast 2.200 Tagen hat er dazu angetreten. n
Manfried Welan ist emeritierter Univ.-Prof. für Verwaltungs- und Verfassungsrecht an der Universität für Bodenkultur Wien.