Das positive Ergebnis des EU-Konvents wurde von Politikwissenschaftern und Verfassungsexperten bei einer Enquete unterstrichen, die gestern auf Initiative der Grünen im Parlament in Wien stattfand.
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Die Verankerung der Grundrechtecharta in der neuen Verfassung, die Stärkung der Gemeinschaftsmethode, die verstärkte Einbindung des Europäischen Parlaments in den Gesetzgebungsprozess, die Zusammenfassung der bisherigen Verträge zu einem Text und dass künftig "Gesetze" auch auf europarechtlicher Ebene (anstelle der "Verordnungen" und "Richtlinien") erlassen werden, sind die wichtigsten positiv herausgestrichenen Ergebnisse des Verfassungsentwurfs. Davon ausgenommen ist - zur Freude der Atomenergiegegner und Österreichs - der Euratom-Vertrag.
"Das ist die Geburt eines Staates", resümierte Grünen-EU-Abg. und Konventsmitglied Johannes Voggenhuber. "Die Republik Europa hat sich erhoben." Der Verfassungsentwurf umfasst rund 450 Artikel - zu umfangreich, monierte denn auch der Politikwissenschaftler und Ex-VP-Nationalratspräsident Heinrich Neisser. Zumal man sich als Ziel gesetzt hatte, dass die Union sichtbarer für die Bürger werden sollte. Schülern etwa sei der neue Verfassungsvertrag nicht vermitelbar, sekundierte Europarechtsexperte Waldemar Hummer von der Universität Innsbruck. Dem widersprach die Politikwissenschaftlerin Sonja Puntscher-Riekmann von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: "Warum sollten an die europäische Verfassung höhere Ansprüche gestellt werden als an die nationalen Verfassungen?", fragte sie rhetorisch.
Österreichs Bundesverfassung ist auf an die 1.000 Bestimmungen verteilt. Das zu ändern ist die Hauptbestrebung des Österreich-Konvents. Dieser wurde aufgrund des Erfolges der EU-Konventsmethode einberufen und werde auch daran zu messen sein, dennoch übten die Experten heftige Kritik. Es gebe mit dem Nationalrat ohnehin eine verfassungsgebende Versammlung, wurde etwa kritisiert; zudem seien die Parteien- und Interessenvertreter überrepräsentiert. "Das ist nichts anderes als die Kopie eines Namens", formulierte Neisser. Vor allem aber müssten dem Österreich-Konvent die europäischen Vorgaben vorangestellt werden, gab Puntscher-Riekmann zu bedenken.