Es kam, wie es kommen musste: Die Republik - und damit der Steuerzahler - steht für das Debakel der Kärntner Hypo Alpe Adria gerade. Der Streit darüber, ob das Verhandlungsergebnis besser ausfallen hätte können, zielt am Kern des Problems vorbei: Die eigentlich verantwortlichen Eigentümer der Pleitebank (der Freistaat Bayern, das Land Kärnten und die Grazer Wechselseitige) wussten, dass für Österreich am meisten auf dem Spiel steht und hatten so den entscheidenden Trumpf in den Händen.
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Neben der Zeit: Denn am Montagmorgen um 8 Uhr - mit dem Öffnen der Bankschalter - musste eine Entscheidung da sein. Hätten sich besorgte Sparer und Investoren um ihr Geld angestellt, wäre das Trauerspiel in jedem Fall aus gewesen.
Hätte Finanzminister Josef Pröll also auf die Flitterwochen verzichten und früher in Verhandlungen treten sollen? Auch das wäre kontraproduktiv gewesen: Je früher sich das Finanzministerium aus der Deckung gewagt hätte, umso mehr Druck hätte das von den Eigentümern genommen. Daneben gab es vier Faktoren, die gegen die Republik gesprochen haben:
* Kärnten. Das Land hat sich mit seiner "Verhandlungsposition" außerhalb jeglicher föderalistischer Räson bewegt: Sich einzig darauf zu verlassen, dass die 18-Milliarden-Haftung des Landes im Konkursfall ohnehin der Bund schultern müsste, hat Österreichs Verhandlungsposition entscheidend unterminiert. Ein Konkurs der Bank hätte unkalkulierbare Kosten für den Bund und damit das Budget zur Folge gehabt.
Aus Verhandlerkreisen heißt es überdies, die Kärntner hätten konstruktive Lösungsansätze vermissen lassen und fixierte Positionen wieder verwässert oder zurückgezogen.
* Die Bayern wogen ganz nüchtern ihre Situation ab und befanden, dass für Österreich noch mehr auf dem Spiel steht: Da die EU aufgrund des laufenden Beihilfe-Verfahrens der BayernLB ohnehin den Rückzug aus der Hypo diktiert und ein naher Verkauf wegen des desaströsen Zustandes der Bank unrealistisch war, konnten sie nur verlieren - und sich auf eine Hop-oder-Drop-Strategie einlassen.
Es braucht klare Regeln
Die Grazer Wechselseitige bewegte sich, ist zu hören, mit ihrem Beitrag ohnehin im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten.
* Osteuropa-Solidarität. Österreich hat vor knapp einem Jahr im Interesse seiner Banken durchgesetzt, dass die EU und internationale Institutionen wie der Währungsfonds die Länder in Osteuropa stützen. Im Gegenzug gelobten die internationalen Großbanken, in diesen Märkten zu bleiben und aus den Töchtern kein Kapital abzuziehen. Hätte just Österreich diesen Konsens gebrochen, wäre wohl ein Sturm der Entrüstung losgebrochen. Ließe Österreich die Hypo in Märkten wie Kroatien oder Slowenien fallen, so hätten überdies schlagartig auch alle anderen heimischen Banken in der Region ein Problem: Die Sparer würden ihnen die Tür einrennen.
Folgen für Kärnten. Einfach zu kalkulieren, politisch aber schwierig zu vertreten gewesen wäre der Verlust der Arbeitsplätze und die drohenden Ausfälle für regionale Kärntner Unternehmen.
* Systemrelevanz. Der wesentlichste Faktor ist aber die Einschätzung nach der Lehman-Pleite, dass der Zusammenbruch einer Systembank unabsehbare Folgen für die gesamte Finanzbranche hat. Selbst die Hypo Kärnten hätte einen Adria-Tsunami auslösen können, der weit über die Region hinaus gewirkt hätte. Die Warnung von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vor einem "Domino-Effekt" ließ nichts an Deutlichkeit vermissen.
Fest steht: Eher früher als später muss es Richtlinien geben, wie mit einer als systemrelevant eingestuften Bank in Pleitegefahr umgegangen wird. Es kann nicht sein, dass stets von vornherein klar ist, dass die Steuerzahler zum Handkuss kommen.