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Die Richterin beruhigt: "Wir trödeln nicht"

Von AnalyseWolfgang Zaunbauer

Politik

Nach sechs Monaten ist eine Debatte um die Länge des Prozesses entbrannt. | Vor einem halben Jahr begann der Bawag-Prozess. Und von Anfang an war allen Beteiligten klar, dass der anvisierte Urteilstermin am 31. Oktober nicht einzuhalten war. Allen, außer vielleicht der Richterin Claudia Bandion-Ortner, die am Mittwoch einräumte, wohl "etwas zu optimistisch" gewesen zu sein. Ihr neues Ziel heißt nun: 8. Februar.


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Doch auch dieser Termin droht mittlerweile wieder zu wanken. Grund dafür ist eine ganze Liste an Beweisanträgen, die Helmut Elsners Anwalt Wolfgang Schubert am Mittwoch vorlegte. Darin fordert der Jurist die Beischaffung von zahllosen Unterlagen betreffend die Geschäfte Wolfgang Flöttls. Da diese nicht irgendwo in Österreich, sondern großteils in Übersee lagern (wenn überhaupt), dürfte die Beibringung einige Zeit in Anspruch nehmen. Interessanterweise ist also gerade Schubert, der in einem Antrag auf Entlassung Elsners die Verzögerung des Prozesses kritisierte, möglicherweise für die nächste Verlängerung des Verfahrens verantwortlich.

Unter den Prozessbeteiligten ist mittlerweile eine Debatte darüber ausgebrochen, wer denn für die lange Verfahrensdauer verantwortlich ist. Rudolf Breuer, Anwalt von Peter Nakowitz, sieht die Schuld bei der Staatsanwaltschaft. Diese habe den Prozess vorschnell und aufgrund einer unausgereiften Anklage begonnen (weshalb eine Klage in Strassburg anhängig ist). "Das ist ein Untersuchungsverfahren und keine Hauptverhandlung", schimpft Breuer und verweist auf die Tatsache, dass sich der Aktenbestand während des Prozesses vervierfacht hat.

Richterin Bandion-Ortner verteidigt die Prozessdauer unter anderem mit dem Hinweis auf die Komplexität der Materie. Hinzu kommen zahlreiche neue Unterlagen, die vorgelegt wurden, und mehrere Ausweitungen des Verfahrens. "Ich glaube nicht, dass wir uns den Vorwurf machen lassen müssen, dass wir trödeln", so die Richterin.

Am meisten zu kauen an der Verfahrenslänge hat sicher der Hauptangeklagte Helmut Elsner, der seit Februar 2007 in Untersuchungshaft sitzt. Daran wird sich nichts ändern, solange der Prozess läuft. Angesichts des drohenden Strafrahmens von zehn Jahren sieht das Gericht diese bald einjährige U-Haft jedoch als verhältnismäßig.

Neben der Materie, den Ausweitungen der Anklage und den neu eingebrachten Unterlagen gibt es noch weitere Punkte, die zur Dauer des Bawag-Prozesses beigetragen haben. So waren zum Beispiel mehr als 80 Zeugen anzuhören. Es mussten kurzfristig neue Gutachter bestellt werden und diese mussten dann natürlich auch ihre Gutachten erstellen. Und nicht zuletzt: In den sechs Verhandlungsmonaten gab es Prozesspausen von mehr als zehn Wochen. Auch wenn sich Schubert beschwert, die meisten Beteiligten waren jeweils heilfroh darüber.