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Die richtigen Leute - am falschen Platz?

Von David Ignatius

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Der Autor war Chefredakteur der "International Herald Tribune". Seine Kolumne erscheint auch in der "Washington Post".

Die Strategie der US-Regierung im Kampf gegen die Krise besteht aus drei Teilen: Verzögerung, Verzögerung und Verzögerung. Schon bald aber könnte die Hölle losbrechen.


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Trotz legislativem Aufruhr rund um die Wirtschaftskrise befinden sie die USA noch in der Phase, die mit jener von 1939 und 1940 vergleichbar ist. Man hat der Rezession den Krieg erklärt, aber hauptsächlich geht es um Politik, wie immer. Zank und Missmanagement, die am Entstehen der Krise beteiligt waren, bestehen weiter, obwohl wir einen Präsidenten gewählt haben, der einen Neuanfang versprochen hat. Aus der Geschichte lernen wir, dass eine solche Phase nicht ewig dauert - und dass, wenn sie endet, die Hölle losbricht.

Viel spricht die US-Regierung von Opfern und Lösungen, aber sie hat bisher keine der wirklich harten Entscheidungen getroffen, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Der Ökonom David Smick hatte ganz recht, als er diese Woche in der "Washington Post" über die Strategie der US-Regierung sagte, sie bestehe aus drei Teilen: Verzögerung, Verzögerung und Verzögerung. Tatsächlich kündigt die US-Regierung zwar ein Hilfspaket an, bleibt aber die Details schuldig, sie verspricht Budgetdisziplin, hebt aber die einschneidenden Maßnahmen für später auf.

Dass sich alles so "politisch" anfühlt, liegt wohl auch daran, dass Präsident Barack Obama seine Regierung aus Politikern und Ex-Regierungsbeamten zusammengesetzt hat: Vor dem Hintergrund der größten Finanzkrise, die er je erlebt hat, könnte man glauben, dass er sich ein paar Wirtschaftsfachleute, die Erfahrung haben, wie man mit großen Unternehmen in einer Krise umgeht, holen würde. Aber nein.

So sieht die "unwirtschaftliche" Regierung Obama aus: ein früherer Regierungsbeamter im Finanzministerium, eine Ex-Senatorin im Außenministerium, ein früherer Gouverneur im Handelsministerium, ein früherer Regierungsbeamter und Universitätsvorsitzender im Verteidigungsministerium, ein früherer Universitätsprofessor ist zuständig für Energie, ein früherer Gouverneur für Heimatschutz, eine frühere Gouverneurin für Gesundheit und Soziales; Stabschef im Weißen Haus ist ein früherer Kongress-Abgeordneter. Alle ganz hervorragend, kein Zweifel - nur mit so wenig Wirtschaftserfahrung wie ein Hyde-Park-Buchklub. Das kann natürlich daran liegen, dass in Obamas Augen der Ruf aller Manager zu belastet durch die Wirtschaftskrise ist.

Vom Capitol Hill nimmt die gepflegte Kultur der Unbeweglichkeit ihren Ausgang: Dort wird immer noch an der Vier-Tage-Woche festgehalten - freitags ist frei, um rechtzeitig nach Hause zu kommen und allen erzählen zu können, wie fleißig man ist. Über die Krise wird zwar gesprochen, aber keineswegs so gehandelt, als gäbe es sie wirklich. Die Haarspaltereien und das Parteiengezänk müssen aufhören, Leute! Die Party ist vorbei!

Sollten Obamas Bemühungen scheitern - was würde passieren? Das ist die Frage, die mir mit Blick auf die Geschichte wirklich Sorgen macht. In den 1930ern schafften es Europas Politiker nicht, die Wirtschaftskrise mit demokratischen Mitteln zu bewältigen. Daher wandten sich die Menschen ab: Auf Bankiers, Wirtschaftstycoons und ständig streitende Politiker waren sie so wütend, dass sie auf autoritäre Führer setzten, die ihnen Abhilfe versprachen - in Form von Faschismus.

Dieses Albtraum-Szenario mag heute weit weg erscheinen, aber es entwickelt sich eine hässliche Stimmung, weil Menschen nach Schuldigen für das Wirtschaftschaos zu suchen beginnen.

Natürlich ist es für die US-Regierung nicht leicht, den Sprung ins Dunkle zu wagen. Aber das Zaudern muss aufhören. Wenn die regierenden Politiker nicht rechtzeitig handeln, wenden sich die Menschen womöglich anderen zu.

Übersetzung: Redaktion