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Spindelegger: Privatisierungen stehen demnächst auf der Tagesordnung.
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Wien. Ist der Staat ein schlechterer Unternehmer als der Private oder nicht? Diese Frage gilt hierzulande als besonders heikel und spaltet seit jeher die politischen Geister. Geht es um das Thema Privatisierungen, tun sich zuweilen tiefe ideologische Gräben auf. In der Vergangenheit war das so - etwa bei der Restprivatisierung des Linzer Stahlkonzerns Voestalpine und bei dem über die Börse erfolgten Teilverkauf der Post.
Die letzte Privatisierung in Österreich liegt mittlerweile gut vier Jahre zurück. 2009 gab die Republik ihre restliche Beteiligung an der schwer maroden AUA an den Lufthansa-Konzern ab, wobei noch eine halbe Milliarde Euro Steuergeld zur Schuldentilgung der rot-weiß-roten Airline nachgeschoben werden musste. Seither ist es um das Thema Privatisierungen ziemlich still gewesen. Bis heute, denn im jetzigen Wahlkampf ist es wieder aufgeflackert.
Erst vor wenigen Tagen erklärte Vizekanzler Michael Spindelegger, dass Privatisierungen in der nächsten Legislaturperiode auf der Tagesordnung stünden. Der ÖVP-Chef kann sich auch eine Teilprivatisierung der ÖBB vorstellen. Lediglich Privatisierungen im Energiesektor stehe er skeptisch gegenüber, denn hier gehe es schließlich um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Geht es nach Spindelegger, sollen die Erlöse aus den Privatisierungen etwa in die Forschungsförderung fließen.
Bei der SPÖ kommen derlei Ansagen alles andere als gut an. Privatisierungen seien "kurzsichtig, ökonomisch falsch und schlecht für den Standort", heißt es bei der Kanzlerpartei. Die Sozialdemokraten warnen vor einem "Ausverkauf Österreichs", jeglichen "Ausverkauf wichtiger Bereiche wie etwa der Infrastruktur und Daseinsvorsorge" lehnen sie kategorisch ab. Dazu Finanzsprecher Jan Krainer: "Die SPÖ vertritt nicht die Ideologie, dass privat besser ist als staatlich."
Schuldenabbau und
weniger Zinsbelastung
Faktum ist freilich: Mit Privatisierungserlösen ließe sich der Schuldenstand des Staates deutlich reduzieren. Fährt man alle Staatsbeteiligungen auf eine immer noch kontrollierende Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie runter, so brächte dies nach Berechnungen des Wifo einen Erlös von bis zu 25 Milliarden Euro. Verringert sich die Staatsverschuldung um diese Summe, sinkt auch die Zinsbelastung - laut Wifo um zirka 700 Millionen Euro pro Jahr.
Vor diesem Hintergrund spricht sich auch das BZÖ für Privatisierungen aus. Bei Infrastruktur-Betrieben sollte sich der Staat generell auf eine Sperrminorität zurückziehen. "Das ist unsere Position", sagt Pressesprecher Heimo Lepuschitz. Die ÖBB wären dabei ebenso ein Privatisierungskandidat wie der ORF, "den man unbedingt entstaatlichen müsste".
Die Neos stimmen ebenfalls in den Chor der Privatisierungsbefürworter ein. Grundsätzlich sollte sich die öffentliche Hand bei ihren Firmenbeteiligungen nur noch 25 Prozent plus eine Aktie behalten, sagt Hans Peter Haselsteiner, Finanzier, Unterstützer und Ministerkandidat der Neos. Dies gelte für die OMV, die Post und die Telekom Austria, aber auch für Unternehmen wie zum Beispiel die Münze Österreich, die nicht an der Staatsholding ÖIAG hängen. ÖBB und Asfinag hält Haselsteiner hingegen für "nicht privatisierungsfähig".
Wiener Börse hofft seit
langem auf Privatisierungen
Auch die FPÖ will sich Privatisierungen grundsätzlich nicht verschließen. "Wasser, ÖBB und Post sind für uns aber tabu", sagt Martin Glier, Pressesprecher des FPÖ-Parlamentsklubs. Indes steht das Team Stronach bei Privatisierungen eher auf der Bremse, außer bei den ÖBB. Für die Grünen wiederum sind Privatisierungen "keine Tabuzone", wie Budgetsprecher Werner Kogler sagt. Aber Kernbereiche - Infrastrukturbetriebe wie ÖBB, Asfinag und Verbund - dürften auf keinen Fall aus der Hand gegeben werden.
Ein Unternehmen, das sich bereits seit Jahren Privatisierungen wünscht, ist die Wiener Börse. Warum? Seit Strabag (2007) und Amag (2011) hat es keine erwähnenswerten Börsegänge mehr gegeben. Die Wiener Börse, die derzeit in einen Dornröschenschlaf zu fallen droht, hofft auf frisches Blut. Privatisierungen über die Börse könnten ihr auf die Sprünge helfen und Eisbrecher für weitere Börsegänge sein.