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Die rote Laterne wurde abgegeben

Von Brigitte Pechar

Politik

Einen "modernen Staat" propagierte Finanzminister Karl-Heinz Grasser gestern in seiner Budgetrede vor dem Nationalrat. Innovation und Kreativität seien gefordert, Visionen notwendig.


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Nach den Einschnitten in den Jahren 2000 und 2001 kündigte Grasser gestern einen "Belastungsstopp" für 2002 an. Auch im Budgetbegleitgesetz würden sich keine belastenden Maßnahmen mehr finden.

Mit dem Budget 2002 ist aber dennoch eine Einnahmensteigerung verbunden. Die Einnahmen steigen von 778,7 Mrd. Schilling auf 790,9 Mrd. Schilling. Wesentlich dafür verantwortlich ist ein Plus bei den Steuereinnahmen. Unter dem Titel veranlagte Einkommensteuer etwa hat Grasser Einnahmen von 3,343 Mrd. Euro (53,913 Mrd. Schilling) veranschlagt, heuer sind es 3,198 Mrd. Euro (46,001 Mrd. Schilling). Bei der Lohnsteuer rechnet Grasser mit Einnahmen von 17,078 Mrd. Euro (234,998 Mrd. Schilling) nach 16,133 Mrd. Euro (221,995 Mrd. Schilling) in diesem Jahr. Ein Plus von 581 Mill. Euro (7,95 Mrd. Schilling) auf 18,459 Mrd. Euro (254,001 Mrd. Schilling) ist auch bei der Umsatzsteuer budgetiert.

Bei den Ausgaben wurden 58,3 Mrd. Euro veranschlagt und damit um 491 Mill. Euro (6,756 Mrd. Schilling) weniger als in diesem Jahr. Dahinter verbirgt sich etwa ein absoluter Rückgang bei den Personalausgaben des Bundes. Diese liegen für aktive Beamte laut dem Voranschlag für heuer bei 8,18 Mrd. Euro (112,559 Mrd. Schilling) und sollen im kommenden Jahr auf 8,007 Mrd. Euro (110,179 Mrd. Schilling) sinken. Der Pensionsaufwand des Bundes wächst zwar weiter, in Summe bleibt aber ein Rückgang von 83 Mill. Euro (1,142 Mrd. Schilling).

Um das Budget zu gestalten, sind auch im kommenden Jahr wieder Fonds-Abschöpfungen vorgesehen. Anders als heuer soll aber der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) nicht angetastet werden, dafür will Grasser rund 15 Mrd. Schilling aus der Arbeitslosenversicherung lukrieren. Aus dem Titel Privatisierungen sind nur 11,5 Mrd. Schilling angeführt.

Der Bundeshaushalt 2002 sei ein "Meilenstein" der Budgetstrategie der Regierung, damit werde der jahrzehntelange Trend einer immer weitergehenden Neuverschuldung des Staates zu Grabe getragen, sagte Grasser vor dem Nationalrat. "Wir bringen die Finanzen in Ordnung. Damit legen wir den Grundstein zu einer notwendigen Erneuerung Österreichs", sagte der Minister.

Auch "Visionen" für ein künftiges Österreich fehlten nicht: Ein wirtschaftsliberaler Staat mit sozialer, solidarischer Ausrichtung sei das Ziel: "Wir wollen einen neuen Staat mit mündigen, selbstbestimmten Menschen."

Wandel und Veränderung müssten über Anreize herbei geführt werden. Wie sich Grasser die künftige Unterstützung vorstellt, skizzierte er ebenfalls: "Der Abstand zwischen Einkommen aus Arbeit und den Absicherungen bei Arbeitslosigkeit muss größer werden, ohne den Schutzcharakter der Arbeitslosenversicherung einzuschränken."

Bei den Schwerpunkten der Regierung führte Grasser als ersten Punkt die Verwaltungsreform an. Dabei gehe es um eine Auflösung der Zweiklassengesellschaft: Ein einheitliches Dienstrecht, Abschaffung der Pragmatisierung als generelles Prinzip, die Vereinheitlichung der Pensionssysteme.

Bereits im Vorfeld seiner Budgetrede informierte der Finanzminister die Journalisten darüber, dass es nun darum gehen werde, den "Haushalt strukturell in Ordnung zu halten". Es werde daher "sicher keine Steuerreform geben, die den Haushalt durcheinander bringt". Eine Steuerreform sei zwar geplant, allerdings müssten die Einsparungen auf der Ausgabenseite dann schon greifen.

Auf die Frage, ob Österreich auch in den Folgejahren einen ausgeglichenen Haushalt haben werde, meinte Grasser vage: "Wir haben gegenüber Brüssel auch für 2003 und 2004 eine Null hingeschrieben." Österreich habe in Europa beim Defizit bereits im Vorjahr die "Rote Laterne" abgegeben. Nun sei das Ziel, "ein solider Mittelständler" zu bleiben.

101 Mrd. Schilling mehr an Steuereinnahmen seit 1999 (bis 2002) würden die einnahmenseitige Budgetkonsolidierung beweisen, kritisierte SPÖ-Budgetsprecher Rudolf Edlinger. Dem stünden aber weniger Leistungen des Bundes gegenüber: "Grasser redet von Belastungsstopp und kassiert die Österreicher ab." Massive Kritik übte Edlinger auch an der offensichtlich geplanten Kürzung des Arbeitslosengeldes. Das Budget 2002 sei die Vorbereitung der nächsten Umverteilung.

Grassers Budgetrede sei eine reine "Propaganda", ärgert sich Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. Im Bildungsbereich stagnierten die Ausgaben seit 2000: "Wir produzieren die Hilfsarbeiter der Zukunft". Auch bei den F&E-Ausgaben fehle jede Ambition.