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Die Rückkehr der Vielgescholtenen

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Erstmals mehr als zwei Billionen Dollar in den Büchern. | Transparenz und Liquidität nahmen nach der Krise zu. | London/Wien. Karim Abdel-Motaal spricht sichtlich gerne über seine Veranlagungsstragie: Detailliert erklärt er, wie er sein Portfolio konstruiert, was gerade erfolgversprechend ist und wie er - falls zu hohe Verluste eintreten sollten - die Notbremse ziehen kann. | Porträt Raj Rajaratnam


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Was fast wie eine Plauderei unter guten Freunden wirkt, ist in Wahrheit eine Präsentation in einem Konferenzraum im Londoner Nobelviertel Mayfair - und ein Zeichen dafür, wie sich die Zeiten geändert haben.

Abdel-Motaal ist nämlich Hedgefonds-Manager. Er verwaltet zwei Milliarden Dollar, die Investoren der Fondsgesellschaft GLG zur Veranlagung überlassen haben. Gerade seine Branche hatte bis zur Finanzkrise eine gewisse Undurchschaubarkeit fast schon zum Markenzeichen erhoben. Dies hat sich nun gravierend geändert: Das Finanzsystem muss mit einem Vertrauensverlust kämpfen, und nun wollen Investoren auch von Hedgefonds wissen, was diese genau tun, um ihre hohen Renditeversprechen zu erfüllen und ihre durchaus unbescheidenen Gebühren zu rechtfertigen.

"Die Hedgefonds-Industrie hat in Sachen Transparenz deutlich zugelegt", so Kenneth Heinz, Chef des US-Branchendienstleisters Hedge Fund Research, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Investoren seien besser über ihre Risiken informiert. Laut Heinz ist dies ein wichtiger Grund dafür, dass diese den Fonds wieder mehr Geld anvertrauen.

Das von der Gesamtbranche verwaltete Vermögen stieg im ersten Quartal 2011 erstmals auf mehr als zwei Billionen US-Dollar. Laut Heinz wurden darüber hinaus bereits im Schlussquartal 2010 wieder Veranlagungsergebnisse wie vor der Krise erzielt.

Heterogene Branche

Rund zwei Drittel des Vermögenszuwachses im ersten Vierteljahr 2011 waren auf Veranlagungsgewinne zurückzuführen, die restlichen 32,5 Milliarden Euro stammten aus dem Netto-Zufluss frischer Investoren-Gelder - dem höchsten seit dem dritten Quartal 2007. Darüber hinaus wurden im Vorjahr erstmals seit 2007 wieder mehr Hedgefonds gegründet als liquidiert.

Investoren würden - vor dem Hintergrund eines zurückkehrenden Risikoappetits - die Heterogenität der Branche schätzen, so Heinz. Tatsächlich gibt es große Unterschiede zwischen den Fonds. Hedge Fund Research unterscheidet vier grundverschiedene strategische Ansätze und rund 30 Sub-Strategien. Gemeinsam ist den Fonds ein riskanter Veranlagungsstil, der im Erfolgsfall hohe Renditen liefern soll - und zwar weitgehend unabhängig von generellen Markttendenzen. Investoren verwenden Hedgefonds deshalb auch als absicherndes Element in ihrem Gesamtportfolios.

Höhere Kosten

Neben der gestiegenen Transparenz bemühen sich auch viele Fonds um eine bessere Liquidität. Hedgefonds betreiben oft längerfristige Anlagekonzepte. In der Finanzkrise wollten einige Investoren Geld abziehen, konnten dies jedoch nicht rasch genug. Nun bietet etwa die börsenotierte Man Group, zu der auch die eingangs erwähnte Firma GLG gehört, bei der Subsparte AHL (einem sogenannten Trendfolger) einen täglich handelbaren Fonds an. Einige Hedgefonds versuchen darüber hinaus, die einheitlichen europäischen Investmentfonds-Regeln zu erfüllen entspricht - und entsprechend liquide zu sein. Das kostet in etwa 0,3 bis 0,8 Prozentpunkte vom Veranlagungserfolg, Investoren sind jedoch offenbar bereit, das zu bezahlen.

Schwer tut sich die Hedgefonds-Branche allerdings weiterhin, was ihr Image betrifft. Für viele gelten sie nach wie vor als "Heuschrecken", obwohl damit eigentlich sogenannte Private-Equity-Fonds gemeint sind, und zumindest als Mitverursacher der Finanzkrise, obwohl diese eigentlich im US-Bankensektor entstanden ist. Zuletzt wurden Hedgefonds für ihre Rohstoffspekulationen kritisiert. Diese würden letztendlich Nahrungsmittel verteuern, so das Argument.

Dies wird in der Branche zurückgewiesen: Die bewegten Volumina wären gar nicht groß genug, um Preise zu beeinflussen. Heinz meint, es gebe viele "Missverständnisse". Aus den Schlagzeilen kommt die Branche jedoch nicht: Dafür sorgte zuletzt schon die Verurteilung des Hedgefonds-Gurus Raj Rajaratnam wegen Insiderhandels.