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Die Rückkehr des Carlos M.

Von Antje Krüger

Politik

Triumphierend entstieg Argentiniens Ex-Präsident Carlos Menem (1989-1999) am Mittwochabend in seiner Heimatprovinz La Rioja nordwestlich von Buenos Aires einem Privatflugzeug. Eine Gruppe von Menschen stürmte die Piste, um ihn zu begrüßen. Später schlossen sich mehr als 1.000 Personen einer Autokarawane an, die den Peronisten zum örtlichen Parteigebäude begleitete, wo er sich bei einer Kundgebung bejubeln ließ.


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Nach neun Monaten im Nachbarland Chile kehrt Carlos Menem nach Argentinien zurück. Menem, der mit der ehemaligen chilenischen Schönheitskönigin Cecilia Bolocco verheiratet ist, hatte sich in Santiago de Chile der argentinischen Justiz entzogen. Denn gegen ihn lag ein internationaler Haftbefehl vor. Wegen Besitzes illegaler Konten in der Schweiz, der illegitimen Überschreibung eines Grundstücks an die Gewerkschaft sowie wegen Staatsbetrug wird gegen Menem ermittelt. In Chile war er jedoch sicher, denn das Land lieferte ihn nicht aus.

Die unerwartete Rückkehr nach Argentinien feiert der 74-Jährige schon jetzt wie ein politisches Comeback. Möglich wurde sie ihm, weil Richter Jorge Urso den Haftbefehl gegen eine Kaution von drei Millionen Pesos (ca. 757.000 Euro) ausgesetzt hatte. In der Begründung heißt es, Carlos Menem, der monatelang die Gerichte mit scheinheiligen Ausreden an der Nase rumführte und nicht zu Anhörungen erschien, hätte sein Verhalten geändert und wolle nun seine Aussagen machen. Zudem erhofft sich der Richter von Menems Anwesenheit im Land einen Fortschritt in den Ermittlungen, die sonst stagnieren würden.

Die zehnjährige Regierungszeit des Carlos Menem war geprägt von Vetternwirtschaft und Korruption. Mit Unverständnis und Enttäuschung reagieren deshalb viele Argentinier auf das "Weihnachtsgeschenk" des Richters an den Peronisten. Über die Hälfte der Leser der Tageszeitung "Clarín" gaben in einer Umfrage an, wütend über die Rückkehr desjenigen zu sein, der das Land ausverkauft hatte. Für Menem selbst dagegen war seine Regierungszeit "die brillanteste Dekade unseres Vaterlandes", wie er in einer Weihnachtsbotschaft im lokalen Fernsehen verkündete. So bezeichnet er auch die Ermittlungen gegen ihn als "politische Verfolgung" und glaubt sich unantastbar.

Die richterliche Entscheidung scheint ihm vorläufig recht zu geben. Wieder einmal sieht es so aus, dass die Straflosigkeit in Argentinien triumphieren könnte, wenn nur genug Geld vorhanden ist, sie zu erkaufen.

Sehnsucht nach der Macht

Indes drängt der Ex-Präsident schon wieder zurück in die Politik. Er will eine breite oppositionelle Front schaffen - "damit unsere Demokratie umfassend wird", wie er sagt - und sucht Weggefährten unter den alten Freunden. Einige eilten daraufhin, ihn am Flughafen zu begrüßen. Andere hüllen sich jedoch erst einmal abwartend in Schweigen.

Seinem Parteikollegen und Intimfeind, dem jetzigen Präsidenten Néstor Kirchner, unterstellt Menem indirekt alleinherrschaftliches Regieren. "Solange es keine Opposition im Land gibt, gibt es auch keine wahre Demokratie", erklärt er in einem Radiointerview. Und wirft Kirchner Versagen auf ganzer Linie vor.

Selbst seine erneute Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2007 hat Menem schon angekündigt. Er verspricht, dann wieder zu den Prinzipien zurückzukehren, die seine Regierungszeit bestimmten, in erster Linie zu einer konsequent neoliberalen Politik und einer bedingungslosen Zusammenarbeit mit den USA.

Teile des ihm treuen Flügels in der peronistischen Partei hoffen nun auf einen Senatorenposten bei der Wahl 2005 für ihren ehemaligen Parteivorsitzenden. Denn ein Sitz im Senat würde ihm politische Sonderrechte und einen gewissen Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung einbringen. Menem selbst jedoch schließt es aus, noch einmal für die Provinz zu kandidieren. Das wäre so, als wenn man dem Papst bitten würde, wieder Bischof zu werden, meint er.