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Die Rückkehr zum "steuerfreien" Sanierungsgewinn

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Jetzt ist wieder alles anders. Die steigende Zahl der Insolvenzen hat deutlich gemacht, dass fiskalische Eingriffe in das Betriebsgeschehen bisweilen das bewirken, was Kreditschutzverbände und | Unternehmenssanierer zu vermeiden trachten: den Schlussakkord für Firmen. Ein solcher Eingriff, abgestützt durch das Strukturanpassungsgesetz von 1996, war die neue Steuerpflicht für | Sanierungsgewinne. Ein Fehlgriff? Neuerdings zeigt sich immer häufiger, dass man aus fiktiven Buchgewinnen der Pleitebetriebe keine Steuern herauswringen kann. Das Finanzministerium will nun mit | neuen Richtlinien einlenken.


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Betriebliche Sanierungsgewinne waren langzeit-steuerfrei, sozusagen als fiskalische Hilfe zur Wiedergesundung notleidender Unternehmer. Das Strukturanpassungsgesetz von 1996 machte der Wohltat ein

Ende. Man ging davon aus, dass durch die nunmehr "auf ewig" möglichen Verlustvorträge ohnehin eine ausreichende Steuerentlastung der Pleitefirmen gegeben sei und dass eine · zusätzliche ·

Steuerfreistellung der Sanierungsgewinne daher zu einer nicht gerechtfertigten Doppelentlastung führen würde.

Steuerpflichtige Schuldnachlässe

Die neue Steuerpflicht wurde allerdings nicht schon mit dem Inkrafttreten des Gesetzes, sondern erst ab 1998 vorgesehen, was mit den in den Jahren 1996 und 1997 sistierten Verlustabzügen

zusammenhing; in diesen Jahren wurde neben der noch möglichen Steuerfreiheit eine besondere, fiktive Verlustverrechnung für die Sanierungsgewinne zugelassen.

Inzwischen · nämlich seit 1998 · stellte sich immer häufiger heraus, dass die neue Steuerpflicht · selbst wenn man sie mit dem Argument der eliminierten Doppelbegünstigung bejahen wollte · zu einem

Hemmschuh für die Sanierungsfälle zu werden drohte. Die von den Gläubigern konzedierten Schuldnachlässe führten nämlich nunmehr zu anders gelagerten Verpflichtungen: zu Steuerschulden und zu

unliebsamen Kontakten mit den Exekutoren der Finanzämter. Denn die Einbringlichkeit der bezüglichen Abgaben war kaum realisierbar.

Hilfreiche Bundesabgabenordnung

Die Reaktion der Finanzverwaltung auf diese ursprünglich offenbar nicht einkalkulierten Rechtsfolgen muß anerkannt werden. In einem kürzlich veröffentlichten Erlass¹) rückt das Ministerium von der

seit 1998 geltenden Steuerbelastung für Sanierungsgewinne deutlich ab und weist die Finanzämter an, bei Zwangsausgleichen und in sonstigen Sanierungsfällen von der Vorschreibung der bezüglichen

Einkommen- oder Körperschaftsteuer abzusehen.

Natürlich können auch die Ministerialen eine gesetzliche Ansage nicht ohne weiteres umgehen. Mit Hilfe der Bundesabgabenordnung (BAO) können sie es doch. Dieses Gesetz ermächtigt nämlich die

Oberbehörden, die Finanzämter zur Nichtfestsetzung von Steuerbeträgen anzuweisen, wenn die vorzuschreibenden Steuern im Einzelfall ohnehin nicht einbringlich sind. Diese hilfreiche Norm machte das

Ministerium nun sich und den Steuerzahlern zu nutze.

Ministerielle Anweisung

Präambel des Erlasses: "In der Praxis hat sich gezeigt, dass durch den Entfall der Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne die volle Durchsetzbarkeit des auf Sanierungsgewinne entfallenden

Abgabenanspruches nicht gegeben ist".

Und etwas später: "Die Finanzämter werden angewiesen, von der Festsetzung von aus Sanierungsgewinnen entstehender Einkommen- oder Körperschaftsteuer insoweit Abstand zu nehmen, als die

Abgabenansprüche durch (sukzessive) Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluß eines Zwangsausgleichs entstanden sind und den der Ausgleichsquote entsprechenden Betrag übersteigen".

Soweit der Text der Anweisung, der zum Verständnis mehrmaliges Lesen erfordert, aber durch verschiedene Beispiele im Erlass nachvollziehbarer wird.

Voraussetzung Überlebenschance

Die Richtlinie stellt darauf ab, dass bei dem bezüglichen Betrieb jedenfalls Sanierungsbedürftigkeit, Sanierungsabsicht und Sanierungsmöglichkeit gegeben ist. Damit soll gesichert sein, daß nur

fortbestehende Unternehmen für die freundliche Entsteuerungsaktion in Frage kommen sollen.

Der Erlaß stellt dabei die Steuerentlastung der Sanierungsgewinne bei Zwangsausgleichen in den Vordergrund. Gleichzeitig werden die Finanzlandesdirektionen jedoch "eingeladen", auch in

Sanierungsfällen außerhalb eines Zwangsausgleichs die Finanzämter zur Nichtfestsetzung der Steuerbeträge anzuweisen.

Gilt ab Veranlagung 1998

Im übrigen soll die (aliquote) Steuerentlastung grundsätzlich ab der Veranlagung 1998 vorgesehen werden, was verständlich ist, da ja auch die Steuerpflicht durch das StruktAnpG erst mit Wirkung ab

1998 dekretiert wurde.

Da ein Sanierungsgewinn nach steuerlicher Auffassung nicht schon beim Vergleichsabschluss, sondern erst entsprechend der Erfüllung der einzelnen Ausgleichsquoten entsteht, könnte die neue Wohltat

aber auch solchen Quoten zugute kommen, die noch aus der Zeit vor 1998 herrühren, aber erst ab 1998 erfüllt werden.

Einen Vorbehalt lässt sich die freundliche Instruktion aus der Wiener Himmelpfortgasse nicht nehmen. Die fiskalische Absolution soll nur unter der Voraussetzung gewährt werden, dass die

Sanierungsbedürftigkeit eines Betriebes nicht etwa auf unangemessene Entnahmen des Unternehmers zurückzuführen ist und dass sich die zum Sanierungszwang führenden Verluste nicht ohnehin bereits

steuermindernd ausgewirkt haben.

¹) BMF Erlass vom 16.7.1999, GZ 14 0206/1-IV/14/99