Der Ukrainer Nosach wurde von den Invasoren verschleppt und gefoltert. Er hat knapp überlebt.
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Der Lehrer Serhii Nosach stammt aus der kleinen ostukrainischen Stadt Beryslaw in der Region Cherson. Am 24. Februar kamen russische Einheiten über die Grenze und besetzten die Stadt, im November konnte die ukrainische Armee das Gebiet wieder befreien.
In der Zeit dazwischen war Beryslaw von Russland okkupiert. Im Amerika-Haus in Wien berichtete Nosach gemeinsam mit seiner Frau Tetiana von Inhaftierung, Entführung und Folter.
Bis Ende September sei er in der Gewalt der Russen gewesen, so Nosach, er wäre wegen seiner pro-ukrainischen Einstellung in Haft genommen worden. Das sei keine Überraschung für ihn gewesen, denn viele andere Männer aus der Nachbarschaft seinen zu diesem Zeitpunkt bereits verschleppt worden. Zudem hätten zahlreiche Menschen in seiner Stadt mit den Okkupanten zusammengearbeitet. Das sei für ihn nicht in Frage gekommen.
Die einzig mögliche Haltung sei für ihn "100 Prozent ukrainisch". Und mit dieser Gesinnung habe er gegenüber den Okkupanten nie hinter dem Berg gehalten. "Woher kommt ihr und wie kommt ihr auf die Idee, uns befreien zu wollen?", habe er die Russen gefragt. Diese hätten dann geantwortet, dass es hier "viele Nazis" gäbe und die Ukrainer vor diesen bewahrt werden müssten. Und dass man die Stadt vor Menschen wie ihn retten müsse.
Am 5. August seien Soldaten in sein Haus gekommen und hätten ihn festgenommen, sein Smartphone und das seiner Frau Tetiana beschlagnahmt, alle Chats kontrolliert und alle Fotos gecheckt. Die Soldaten boten Nosachs Frau an, dass ihr Mann bis zum Abend freikäme, wenn sich beide dazu entschließen sollten, mit Russland zu kooperieren. Nosachs Augen seien verbunden worden und er sei kreuz und quer durch die Stadt gefahren und gefragt worden, ob er Personen mit pro-ukrainischer Gesinnung nennen könne. Oder ob er Familien kenne, in denen es Männer gäbe, die an der Front kämpften. Er habe nichts verraten, so Nosach, dann sei er in eine Fabrik gebracht worden.
Gefesselt in einem Container
Dort sei er in einen fensterlosen Container geworfen worden, in dem sich bereits 16 Menschen befunden hätten und in dem es 50 Grad Hitze gehabt habe. Nur in dem Container durfte er seine Augenbinde abnehmen. Einer nach dem anderen sei von den Russen geschlagen worden. In seinem Telefon seien von den Soldaten Nachrichten gefunden worden, in denen er die Position russischer Einheiten durchgab.
Das wurde von den Peinigern als Verbrechen eingestuft. Er habe dann auf die Knie müssen, so Nosach, seine Beine seien gefesselt worden. Dann wurde er mit Elektroschocks gefoltert, während er nichts sehen konnte. Schließlich sei er erneut geschlagen worden. Am nächsten Tag wurde er von einem Soldaten geweckt, der ihm mitteilte, dass er, sollte er nicht endlich mit der Wahrheit herausrücken, hingerichtet würde. Dann sei er wieder mit Elektroschocks gefoltert worden. Der Soldat habe ihn angeschrien, dass die Russen für alle Zeiten hier wären und dass Putin der Präsident der ganzen Welt sei. Auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" meinte Nosach, dass ihm seine Peiniger zu diesem Zeitpunkt "wie Zombies" erschienen wären. Generell hätten alle den Feldzug Putins zu hundert Prozent unterstützt, er habe nicht einen Einzigen getroffen, der Zweifel an der Legitimität seiner Taten gehabt hätten.
Die Tortur ging weiter, am dritten Tag, so Nosach, habe sein Herz nicht mehr mitgespielt und und sein Zustand sei kritisch gewesen. Medizinische Hilfe habe er nicht erhalten, obwohl ein russischer Arzt nach ihm gesehen hätte. Er sei dann einfach wieder in den Container geworfen worden. Zu essen habe es nur ein Mal täglich eine geringe Menge gegeben. Am Abend habe er dem russischen Verhörsoldaten gesagt, dass alle Personen mit pro-ukrainischer Einstellung die Stadt verlassen hätten und er niemanden namhaft machen könne.
Darauf habe man ihn wieder nach Beryslaw gebracht und aus dem Auto geworfen. Es sei ihm verboten worden, die Stadt zu verlassen. Er sei dann in ein Spital gegangen und dort behandelt worden. Seine chronischen Herzbeschwerden hätten sich durch die Haft stark verschlechtert.
Nosachs Frau Tetiana hatte zuvor vergeblich versucht, bei der Polizei den Aufenthaltsort ihres Mannes herauszufinden. Schließlich sei er heimgekommen, "lebend, aber definitiv nicht gesund", wie sie erzählt. Schließlich gelang beiden die Flucht in die Region Saporischschja. Nun habe man endlich wieder frei atmen können, so Tetiana Nosach.
Für ihren Mann Serhii ist es der große Traum, wieder nach Hause zu kommen, wie er sagt. Doch noch liegt Beryslaw direkt an der Frontlinie und steht permanent unter Beschuss, auch mit Phosphorbomben.