Iraks Bevölkerung hatte seit 1990 unter einer Doppelbestrafung zu leiden: Auf der einen Seite unter der brutalen Diktatur Saddam Husseins und auf der anderen unter den Sanktionen, die der internationale Beitrag zum Leid waren und zur Massenvernichtungswaffe wurden, sagte Hans Graf von Sponeck, der frühere Leiter des UN-Hilfsprogramms in Bagdad in einem Vortrag vor der Sommerakademie des Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung in Burg Schlaining.
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60 bis 75 Prozent der irakischen Bevölkerung waren laut Sponeck in den letzten Jahren arbeitslos, 60 Prozent auf internationale Lebensmittelhilfe angewiesen. 1990 starben 56 von 1000 Kindern unter 5 Jahren. 1999 waren es 131 und die Ursachen dafür waren fehlende Medikamente, verschmutztes Wasser und Unterernährung. Zum Vergleich: In Österreich sterben vier von 1000 Kindern in der gleichen Altersgruppe.
Sponeck verurteilte die Falschinformationen, mit denen die Alliierten in ihren Ländern die Kriegsstimmung gegen den Irak angeheizt haben und betonte, es sei einmalig, dass man ein Land vor dem Krieg schwächt und dann, wenn es schwach genug ist, angreift. Zur derzeiten Lage im Irak meinte Sponeck, dass die US-Regierung vom Chaos profitiere, um länger im Land zu bleiben. Sponeck wünscht sich einen "Nürnberger Prozess" für Bagdad, in dem nicht nur die Besiegten, sondern auch die Angreifer vor den Richtern stehen.
Ähnlich wie Sponeck argumentierten auch der Friedensforscher Peter Strutynski von der Universität Kassel und der Militärsoziologe Lutz Unterseher. Der Krieg gegen den Irak sei durch Halbwahrheiten und Lügen vorbereitet worden, sagte Strutynski. Paul Wolfowitz, stellvertretender US-Veretidigungsminister habe zugegeben, man habe sich auf die Massenvernichtungswaffen konzentriert, weil sie der einzige Grund waren, dem jeder zustimmen konnte. Unterseher wies darauf hin, dass nach den etwa 20.000 Toten des Krieges den Nachkriegswirren im Irak derzeit täglich mehr Menschen zum Opfer fallen als seinerzeit der Diktatur von Saddam Husein.