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Außer dem Rücktritt von Bundesrat Siegfried Kampl gibt es für den Innsbrucker Politologen Anton Pelinka "keine saubere Lösung", Kampl als Bundesratspräsident zu verhindern. Eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Zwei-Drittel-Mehrheit hätte den Geruch der Anlassgesetzgebung, sagte Pelinka im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" .
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Landeshauptmann Jörg Haider will verfassungsrechtlich prüfen lassen, ob der Kärntner Bundesrat Kampl den Vorsitz in der Länderkammer übernehmen kann. Schließlich gehöre Kampl - nach seinem Austritt aus dem BZÖ ein Parteifreier - nicht mehr der mandatsstärksten Partei seines Bundeslandes an, die den Präsidenten des Bundesrates stellt. Eine Anfechtung hält der Verfassungsrechtler Heinz Mayer allerdings für "aussichtslos". Bei der Wahl der Bundesräte im Kärntner Landtag, bei der Kampl an erster Stelle gereiht wurde, habe Kampl noch der FPÖ und damit der mandatsstärksten Partei des Landes angehört. Die Wahl gelte für die gesamte Dauer der Legislaturperiode, sagte Mayer. In der Geschäftsordnung des Bundesrates heißt es in § 6: "Als Präsident fungiert der an erster Stelle entsandte Vertreter des zum Vorsitz berufenen Landes."
Der Politologe Pelinka unterstützt die Meinung Mayers. Damit wäre das freie Mandat, das genauso wie im Nationalrat auch im Bundesrat gilt, ausgehöhlt. Und einer Änderung der Geschäftsordnung und der Verfassung durch Zwei-Drittel-Mehrheit stehe die gesunde Skepsis gegenüber einer Anlassgesetzgebung entgegen. Auch die Abwahl eines Mandatars wäre sehr heikel: "Es kann nicht sein, dass die Parlamentsmehrheit einem Mitglied das Mandat aberkennt. Das könnte jeden unliebsamen Oppositionspolitiker betreffen." Für Pelinka gibt es daher "keine saubere Lösung, außer Kampl erklärt den Rücktritt vom Rücktritt vom Rücktritt".
Insgesamt stellt der Politologe der Länderkammer kein gutes Zeugnis aus: "Der Bundesrat ist zum Sterben zu stark und zum Leben zu schwach." Dieser habe nur zwei Funktionen: Glaubhaft zu machen, dass Österreich ein Bundesstaat ist, und um den Parteien mehr Positionen zum Besetzen zu geben. "Eine dritte Funktion sehe ich nicht mehr", sagte Pelinka. Beide Punkte seien aber stark genug, zu verhindern, dass sich etwas Entscheidendes ändere. Das hat zuletzt der Österreich-Konvent gezeigt.
Die Länder achten sehr genau darauf, dass ihre Kammer nicht beschnitten wird. Schließlich entsenden sie die Mitglieder. Tatsächlich vertreten deren Mandatare aber nicht die Interessen der Länder, sondern der Parteien. "In der Praxis ist der Bundesrat eine Neuauflage des Nationalrats ohne dessen Ernsthaftigkeit", bestätigt Pelinka. Die Argumente für ihn seien "sehr dünn". Pelinka sieht eine typisch österreichische Lösung: Der Bundesrat sei eine der schwächsten zweiten Kammern von allen vergleichbaren politischen Systemen. "Da ist sogar das englische Oberhaus noch stärker."