Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Misstrauensantrag der FPÖ gegen die gesamte Regierung. Angela Merkel hätte mit den Stimmen ihrer konservativen Koalition den Euro-Rettungsschirm nicht durch den Bundestag gebracht. Finnland und die Niederlande, beides Länder mit starken nationalistischen, extrem rechten Parteien, wollen plötzlich ein Veto-Recht bei den möglichen Zahlungen des - gemeinsamen - Rettungsschirms.
Die Schlacht um die Zukunft Europas tobt in den Euroländern und hier vor allem in den Parlamenten. Die Speerspitzen sind extrem konservative bis reaktionäre Abgeordnete. Sie wollen nicht sehen, dass der Nationalstaat am Ende seiner Möglichkeiten angelangt ist. Im österreichischen Parlament gibt es viele Abgeordnete, die sich davor fürchten, ein Schicksal zu erleiden wie die Landtage: Es gibt sie, aber was sie beschließen, ist entweder irrelevant und/oder es interessiert niemanden mehr.
Wenn die Republik Österreich zukunftsweisend agieren will, geht sie das Ganze offensiv an. Bloße Besitzstandswahrung würde dem Ansehen des Parlaments schaden. Was nun notwendig ist, ist eine neue Definition der österreichischen Demokratie. Dazu gibt es erste Vorschläge, vor allem für eine direkte Bürgerbeteiligung.
Das genügt aber nicht. Der Parlamentarismus muss sich neu erfinden. Ausgerechnet aus dem Parlament kommen dazu eher zögerliche Vorschläge. Fast erleichtert wird dabei auf den Konvent verwiesen, der 2005 im Nirwana endete. So etwas gehe halt nicht in Österreich, ist oft zu hören.
Nun, die Verwobenheit Europas gepaart mit der Krise sollte den Ideenreichtum der Abgeordneten und Parteien beflügeln. Sonst besetzt die extreme Rechte das Thema, mit dem Schlagwort: Es darf sich nichts ändern. Österreich tendiert zu bequemen Lösungen.
Es ändert sich aber gerade alles. Und es muss sich auch alles ändern, wenn Europa stärker als vorher aus der Krise kommen will. Es geht nicht mehr um Nationen, es geht um einen Kontinent. Wenn die Nationalisten jedweder Ausprägung die Schlacht um Europa gewinnen, dann ist es mit dem Wohlstand vorbei. Dann wird die EU bloß noch den Niedergang verwalten - und die wahren Entscheidungen werden in Peking und Washington getroffen. Ein unschönes Szenario, das allerdings derzeit immer wahrscheinlicher wird.