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Da treibt dich der dräuende Wetterwechsel früher als sonst aus dem Schlaf und dem Bett; das heißt, ohne den Wecker ge-stellt zu haben kommst du wieder einmal zur Ö1-Petitesse "Leporello" zurecht, kurz vor 8. Die angenehme Stimme der Frau Jessa erzählt von der Neuauflage der George-Harrison-LP "All Things Must Pass". Plötzlich, du hast soeben die Frühstücksbanane geschält, der Schnitt samt Schock. Ein bissl zu spät hast du übernasert, dass der zweite Beitrag von der in China nicht unüblichen Zubereitung eines Schlangenfraßes handelt. Nein, die Banane hat nicht plötzlich Äuglein bekommen und ein gewisses Muster; auch die Spaghetti zu Mittag haben sich nicht in kleine Tigerpythons verwandelt. Dennoch: selber im Zeichen der Schlange geboren, spürtest und dachtest du dir tagsüber deinen Teil. In der Not hast du dich über die Dudel-Sender hinweg auf die andere Seite der Skala geflüchtet: zu Radio Stephansdom, dem selbsternannten "Klassiksender mit Sinn". Doch es war ein Schnitt ins eigene (Schlangen-)Fleisch. Da protzte der Ansager, man serviere die "beste Musik aus fünf Jahrhunderten". Was folgte, war ein Stückerl Strawinsky, abmoderiert als "Musik der Gegenwart"; sodann ein Stück Filmmusik - aus "Star Trek"! Gestern früh gab's - apropos "beste Musik" - ein Werklein des Ignaz Moscheles zu hören. Morgen werden sie behaupten, Duke Ellington, Miles Davis, Brian Wilson, Jimi Hendrix, Bernhard Lang & Co spiele man nicht, denn das sei zeitlose Musik. (Eh nicht ganz falsch!) Hauptsache, der großkotzige (Werbe-)Spruch stimmt.
Dein schwindliges Fazit: Die Schlange ist seit jeher an allem schuld, die Ö3 . . .stigkeit "Das Leben ist ein Hit" ein Schwachsinn und der Klassiksender auch nicht die Lösung.