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Die Schmutzwäsche der Familie Le Pen

Von Andreas Osterhaus

Politik

Paris - Jean-Marie Le Pen ist seit beinahe elf Jahren privat in guten Händen. Seine zweite Ehefrau Jany hat dem rechtsextremen Politiker "frühlingshafte" Krawatten und Zweireiher verpasst, um ihm "das Aussehen eines US-Senators" zu verleihen. Sie versteht nicht, warum ihr Mann "immer falsch dargestellt und beleidigt", die "Heftigkeit seiner Sprache" als "Brutalität" verstanden wird. Dabei bräuchte sie nicht weit zu blicken, um Spuren der Verwüstung zu entdecken: Le Pens | älteste Tochter Marie-Caroline war vor Jahren an einem Putschversuch gegen den Vater beteiligt und will mit ihm kein Wort mehr wechseln. Ex-Frau Pierrette empfand nach 25 Jahren Ehe derart starke Rachegefühle, dass sie sich für den "Playboy" auszog.


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Der Streit mit der 42-jährigen Tochter Marie-Caroline ist für Le Pen vielleicht der politisch gefährlichste. Ihr kann er nicht nachsagen, sie handle aus Eifersucht, wenn sie ihn vor Gericht zitiert. Marie-Caroline hat sich lange für die Partei des Vaters engagiert. Schon mit zwölf klebte sie FN-Wahlplakate, mit 37 kandidierte sie als FN-Kommunalpolitikerin. Dann aber lief sie zu Le Pens langjährigem Vasallen Bruno Megret über, der als Konkurrenz zur Front National die ebenfalls stramm rechte National-Republikanische Bewegung (MNR) gegründet hatte - und sich schon als Le Pens politischer Erbe sah. Le Pen erklärte die familieninterne Revolte ausschließlich damit, Marie-Caroline sei ihrem Mann, dem Megret-Stellvertreter Philippe Olivier, gefolgt - wie alle Frauen, die "eher ihrem Mann als ihrem Vater folgen".

Das Tischtuch zwischen Le Pen und seiner Ältesten ist seither zerschnitten. Früher präsentierte sich Le Pen stolz als Familienvater - drei blonde Töchter an seiner Seite. Marie-Caroline hat diese Idylle durchkreuzt. Auch mit ihren jüngeren Schwestern Yann und Marine, die in Le Pens Landsitz in Saint-Cloud wohnen, ist sie nun über Kreuz. "Sobald ich den Mund öffne, rennt eine von ihnen vor ein Mikrofon, um mich anzugiften", klagte Marie-Caroline. Mit der FN will sie nichts mehr zu tun haben: "Das ist genauso, wie nach einer starken Liebe - vorbei ist vorbei." Darin ist sie konsequent. Im März erstritt Marie-Caroline 7.500 Euro Entschädigung, weil sie in einer FN-Wahlbroschüre abgebildet worden war.

Einen nie dagewesenen Skandal löste 1987 die langjährige Ehefrau Le Pens und Mutter der drei Töchter aus. Nachdem sie sich von Le Pen getrennt hatte, im Scheidungsverfahren aber die Schuld zugesprochen bekam und auch das Sorgerecht für die jüngste Tochter verlor, ließ die 50-Jährige öffentlich die Hüllen fallen. Le Pen hatte dem "Playboy" gesagt, seine Ex-Frau müsse eben putzen gehen, wenn sie nicht genug Geld habe. Daraufhin entblätterte sich Pierrette Le Pen, setzte das Häubchen eines Dienstmädchens auf und ließ sich in Nacktposen beim Großreinemachen ablichten. Die Auflage des Herrenmagazins schnellte mit der Le-Pen-Nummer von 170.000 auf 800.000 hoch. Für die drei Töchter war dies unfassbar. "Eine Mutter ist wie ein geheimer Garten, nicht wie eine Müllkippe", stammelte die Jüngste, sie habe sich "zum Gespött der Leute gemacht", die Zweitälteste. Aber es war der schmutzigen Wäsche noch nicht genug. Ihr Mann habe sie mit dem Tode bedroht und "häufig geschlagen", legte die Ex-Frau nach. Die Aussage der Ältesten steht dagegen: "Sie hat behauptet, sie sei misshandelt, eingesperrt, geschlagen worden", sagte Marie-Caroline. "Das ist schändlich - sie ist nie geschlagen worden." Der FN-Chef blieb wortkarg. Er habe das Scheidungsverfahren gewonnen, unterstrich Le Pen, seine Ex-Frau sei ihm "fremd", ihren "peinlichen Exhibitionismus" wolle er nicht kommentierten. Im seinem Wahlprogramm fordert Le Pen, die Familie als Keimzelle der Gesellschaft soll "Priorität" genießen.