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Die Schreckensnachricht vom begrenzten Österreich

Von Werner Stanzl

Gastkommentare

Wie Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache laut einem ominösen Rating von ein paar selbsternannten Gerechten das Land auf politisches Ramschniveau hinuntergewirtschaftet haben.


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Eine Schreckensnachricht geisterte vor zwei Tagen durch das Web und wurde auf den Internetseiten der hiesigen Tageszeitungen hochgespielt: "Österreich herabgestuft" auf "narrow" (frei übersetzt: "begrenzt"). Das klang nach den Ratingagenturen Moody’s oder Standard & Poor’s, die durch Heben oder Senken ihrer Daumen über die Kreditzinsen von ganzen Staaten und Millionen von Bausparern entscheiden.

Erst der geschärfte Blick bescherte Aufatmen: Eingestuft hatten Österreich ein paar selbsternannte Gerechte eines Weltverbesserungsvereins namens Civicus im fernen Kapstadt. Es hatte also allenfalls Bonmot-Charakter. Und doch konnten es sich die um Informationsfluss bemühten Medien nicht verkneifen, der türkis-blauen Regierung das Downgrading unter die Nase zu reiben. Freilich, die Urteilsbegründung der Gerechten blieb unbelichtet. Sie hätte die dislozierten Richter blamiert und nicht das Tandem Sebastian Kurz/HC Strache. Angeprangert wurde:

dass im Laufe der ÖVP/FPÖ-Koalition der Freiraum für die Gesellschaft "schlechter" geworden sei;

dass ÖVP und FPÖ das Recht auf Redefreiheit "attackiert" hätten;

dass - schlimmer noch - Demonstranten im Jänner 2018 nur "angesichts schwerer Polizeipräsenz, Hubschrauber und Wasserwerfer" manifestieren konnten;

und dass - am schlimmsten - ein neues Gesetz aus dem Jahr 2017 die Freiheit friedlicher Vereinigungen eingrenze, weil "geschützte Zonen" eingerichtet wurden.

Blöd nur, dass das angesprochene Gesetz die Handschrift des vorerst letzten roten Bundeskanzlers der Republik, Christian Kern, trägt. Und die Vorfahrt von "heavy police" (Zitat Civicus), das Kreisen eines Hubschraubers und die Bereitstellung von Wasserwerfen ließen sich auch anders, vielleicht sogar gegenteilig, bewerten. Vor allem unter Bedacht auf die Drohungen der paneuropäischen Chaostruppe des vorausgegangenen Hamburger Sommergipfels.

Zudem fällt beim Studium der Urteilsbegründungen der Gerechten auf, dass die Anzahl von Demonstrationen gegen die Regierung bei der Urteilsfindung eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Das könnte Ländern, in denen Demos schlichtweg verboten sind, einen Bewertungsvorteil verschaffen gegenüber solchen, in denen sie nicht unterdrückt werden. Darüber hinaus präsentiert sich Civicus als Handlanger heimischer NGOs, die ihrerseits mit Kritik an der Bundesregierung Zurückhaltung übten, "um nicht Bundesförderungen zu riskieren".

Und so endet Österreich auf einer Stufe mit Albanien, Ghana, Botswana und Namibia. Alles Länder, in denen sofort Millionen nach Österreich aufbrechen würden, bekämen sie eine Einreiseerlaubnis. Und die der "Democracy Index" des englischen "Economist" allesamt als "defekte Demokratien" einstuft. Übrigens auch so ein fragwürdiges Spiel mit Rankings. Kaum, dass Donald Trumps Administration 2017 im Amt war, stufte der "Democracy Index" die USA von "volle Demokratie" auf "fehlerhafte Demokratie" herab. Ob die (vor)eiligen Schätzer damit den neuen Präsidenten Trump oder den scheidenden Barack Obama treffen wollten, blieb ungeklärt. Da Ratings im Normalfall aber Vergangenes bewerten und nicht als Prognose gehandelt werden, galt es wohl Obama. Auch wenn es die meisten US-Medien aus verständlichen Gründen anders weitergaben.

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