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Dutzende Anhänger des venezolanischen Präsidenten Maduro stürmten die Nationalversammlung.
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Caracas. Am venezolanischen Unabhängigkeitstag stürmten Dutzende Anhänger von Staatschef Nicolás Maduro das Parlament. Die Ausgänge wurden blockiert, Oppositionsabgeordnete, Journalisten und Angestellte wurden bis zu neun Stunden in dem Gebäude festgehalten. Fünf Abgeordnete wurden so schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Die Kopfverletzung des konservativen Abgeordneten Armando Armas wurde mit 20 Stichen genäht. Sieben Parlamentsmitarbeiter wurden in dem Scharmützel ebenfalls verletzt.
Der linke Präsident Maduro verurteilte in einem Statement die Gewalt und erklärte, er werde sich nicht zum Komplizen machen lassen. Diejenigen, die vor dem Parlament demonstrierten, beziehungsweise es stürmten, deklarierten sich allerdings ganz offen als Unterstützer der Regierung und gaben der Opposition Schuld an der Eskalation der Lage.
Angeblich hätte alles ganz friedlich angefangen. Die Anhänger von Maduro wären in das - von der Opposition dominierte - Parlament marschiert, um dem Präsidenten der Nationalversammlung einen Brief zu übergeben. Das behauptet in einem Video die Venezolanerin Gloria Ortiz. Man wollte die konservative Opposition wachrütteln, wegen der vielen Toten im Land, die die anhaltenden Proteste bisher gekostet haben. "Es reicht, wir sind Mütter, wir haben Kinder." Es seien zu viele Jugendliche getötet worden, nur "weil sie dazu Lust hatten", sagt die Anhängerin der Regierung. Doch im Parlament "wurden wir angegriffen", einige der Gruppe seien verletzt worden. In einem anderen Video behauptet ein Anhänger der Regierung, als man das Parlament betreten habe, hätten die "Abgeordneten, Terroristen, die für das (US-amerikanische, Anm.) Pentagon arbeiten, uns mit Feuerwaffen attackiert".
In Venezuela sind die Fronten zwischen den Anhängern des linken Präsidenten und denen der rechten Opposition vollkommen verhärtet. Beide Fronten ringen um die Deutungshoheit. Deswegen ist wichtig, auch immer die Quelle der präsentierten Fakten im Auge zu behalten.
Kampf um Deutungshoheit
Die zitierten Videos befinden sich auf dem Twitter-Account des venezolanischen Fernsehmoderators Oswaldo Rivero, der auf dem staatlichen Sender "Venezolana de Televisión" (VTV) ein Programm bestreitet, dessen Namen so etwas wie die "linke Lebensführung" bedeutet. Rivero erklärte selbst auch in einem Video, dass er den Marsch auf das Parlament angeführt hätte - und betonte, dass die Demonstranten einfach das venezolanische Volk seien, die die volle Verantwortung für die Taten übernehmen. "Wir sind hier, und niemand ist vermummt."
Auf einem Foto der venezolanischen Tageszeitung "El Nacional" erkennt man wiederum deutlich vermummte Personen. "El Nacional" unterstützte früher die Regierung des früheren Machthabers Hugo Chávez. Inzwischen hat sich das Blatt aber der Opposition zugewandt.
Riveros mediale Heimat VTV hingegen wird schon lange vorgeworfen, Kampagnen gegen die konservative Opposition zu fahren. Es ist auch der Sender, der einst das Programm "Aló Presidente", die Fragestunde mit dem im Jahr 2013 verstorbenen Präsidenten Chávez ausgestrahlt hatte und nun mit "In Kontakt mit Maduro" ein ähnlich unkritisches Format sendet.
Tägliche Proteste
Die Opposition in Venezuela kämpft für eine Amtsenthebung des Staatschefs, den sie für die schwere Wirtschaftskrise und die dramatischen Versorgungsengpässe im Land verantwortlich macht. Maduro beschuldigt die Regierungsgegner, mit Unterstützung der USA einen Staatsstreich gegen ihn zu planen. Bei den nahezu täglichen Protesten gegen Maduro wurden seit Anfang April bereits mindestens 90 Menschen getötet und mehr als tausend weitere verletzt.