Volle Zustimmung von Heinisch-Hosek für die Ideen dreier Bildungsexpertinnen. Wie sieht diese "ideale Schule" aus?
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Wien. Erst das Vergnügen, dann die Arbeit: Bevor am Wochenende die Bildungsreform ausverhandelt wird, ließ Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek die Politik außen vor und widmete sich pädagogischen Inhalten. Sobald die Rahmenbedingungen für die neuen Organisationsstrukturen geschaffen sind, müsse es um diese Inhalte gehen, sagte die Ministerin. Wie also müssen Schule und Unterricht zukünftig aussehen? Das diskutierten am Dienstagabend die Bildungsexpertinnen Heidi Schrodt, Christa Koenne und Raphaela Keller, deren Ansichten die Bildungsministerin "vollinhaltlich" teilt. Wären ihre Vorschläge bereits Realität, sähe die "ideale Schule" so aus:
1. Kindergarten hat Priorität
Der Bildungsweg beginnt mit der Geburt, Elementarpädagogik ist fixer Bestandteil des Schulsystems und je jünger die Kinder, desto besser qualifiziert sind ihre Pädagogen. In der Schule der Zukunft sind Elementarpädagogen gut bezahlt und ausgebildet, nämlich in Kollegs oder an der Universität. Infolge dieser Aufwertung ist der Männeranteil gestiegen, 0,9 Prozent sind längst Geschichte. Die Gruppen sind kleiner, das Betreuungsverhältnis besser. Der Entwicklungsstand von Kleinkindern wird erkannt und Sprachentwicklung von klein auf gefördert. Da die Verantwortung beim Bund liegt, gibt es nicht mehr neun verschiedene Regelungen.
2. Mindeststandards
Schüler müssen am Ende der Schulpflicht Mindeststandards erfüllen. Wenn sie die Schule verlassen, können sie sinnerfassend lesen und mit Experten kommunizieren - so wie das beispielsweise ein Journalist in seiner Arbeit tut. Dieses gemeinsam erarbeitete Wissen wirkt an der Schule gemeinschaftsbildend und friedensstiftend. Später in der Schullaufbahn spezialisieren sich Schüler dann je nach Interesse, etwa im Bereich Chemie oder Geschichte.
3. Altersgemischte Gruppen
Das Modell der Campus-Schulen ist flächendeckend ausgebaut. Vom Kindergarten bis zur Matura sind Kinder und Jugendliche unter einem Dach, sie lernen nicht nur unter Gleichaltrigen und die "Brüche" beim Schulwechsel sind passé.
4. Geeignete Lehrer
Die Therapie eines hörbehinderten Schülers mit Migrationshintergrund findet bei ihm zu Hause statt, seine Eltern freuen sich, dass die Lehrerin mit ihnen türkischen Tee trinkt: Das Beispiel skizziert ausnahmsweise nicht die Zukunft, sondern stammt aus Heinisch-Hoseks Vergangenheit als Sonderschullehrerin. Es zeigt, dass Lehrer auf Eltern zugehen und sich auf deren Lebensrealität einstellen müssen. Fehlen ihnen die dafür notwendigen Qualifikationen, müssen sie künftig mit einer Versetzung rechnen. Idealerweise stellt sich aber bereits in der Lehrerausbildung heraus, wer sich für die Arbeit im Klassenzimmer nicht eignet.
5. Lehrerfortbildung
Apropos Lehrerausbildung: Diese hört niemals auf, beispielsweise müssen sich im IT-Bereich vor allem ältere Lehrer fortbilden, damit sie mit den "Digital Natives" im Klassenzimmer mithalten können. Die Ausbildung der Elementarpädagogen ist in diesem Gedankenspiel - wie international üblich - an den Universitäten angesiedelt, und es gibt inzwischen mehr als nur eine Professorin in dem Bereich.
6. Ganztägig und gemeinsam
Die Schule der Zukunft ist eine Gesamtschule, und sie ist ganztägig. Schüler werden nach der Volksschule nicht mehr in verschiedene Schultypen geschickt, was zu mehr Chancengleichheit führt. Das ist auch die Voraussetzung für Punkt 7.
7. Mehrsprachig und divers
Österreich ist ein Migrationsland. Das hat die Bildungspolitik längst erkannt, und die Schulen sind auf die heterogene Schülerschaft gut vorbereitet. Lehrer halten regen Kontakt mit den Eltern, natürlich auf Augenhöhe, es wird daher niemand mehr "vorbestellt". Förderpläne, Lernstanddiagnostik und Kleingruppen für Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen sind Usus, und es gibt genügend Muttersprachenlehrer. Die Ungleichheit im Schulsystem ist stark zurückgegangen. Ende der Zukunftsmusik.