Bei der Bildung sind auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Financial Literacy, Geld-Basiswissen - da ist die Schule in der Pflicht! Corona-bedingter Bewegungsmangel, dramatisch steigendes Übergewicht, immer mehr Nichtschwimmer - da ist die Schule in der Pflicht! Leseprobleme bei zwei von drei Pflichtschulabgängern - da ist die Schule in der Pflicht!
In den diversen Medienberichten über diese und andere Probleme kommen die Eltern nicht vor. Dass die in der Pflicht wären, wird höchstens leise gemurmelt. Dabei spricht die Österreichische Bundesverfassung sehr klar von den Rechten und auch von den Pflichten der Erziehungsberechtigten und der Mitverantwortung der Eltern für den schulischen Erfolg der Kinder. Diese entscheidenden Punkte der Verfassung hat der Staat aber schleichend, dafür umso erfolgreicher außer Kraft gesetzt. Er kümmert sich schon darum, sei es Betreuung, Bildung, Berufsorientierung, alle Arten von Erziehung (Verkehr, Taschengeld- und Sexualwissen usw.).
Ausgeblendet bleibt die so bedeutende Rolle der Eltern beim Aufwachsen der Kinder, die ihre Umwelt schon im Mutterleib wahrnehmen und sprachlich geprägt werden. Ja, so früh entsteht Beziehung. Kinder von Eltern aus dem slawischen Sprachraum reagieren unmittelbar nach der Geburt signifikant, wenn sie Umlaute - ö, ü - hören, die es in den slawischen Sprachen nicht gibt; und Kinder Mandarin sprechender chinesischer Mütter, die unmittelbar nach der Geburt von Französischsprachigen adoptiert werden, behalten bis zum zwölften Lebensjahr das Mandarin-typische Auf- und Ab der Sprachmelodie. Das sind durch zahlreiche Untersuchungen belegte Fakten.
Das "Outsourcen" von Problemlösungen boomt gerade in Covid-Zeiten. Vielfach beklagt werden Vereinsamung und psychische Probleme von Schulkindern. Laut erschallt der Ruf nach Psychologen. Niemand weist darauf hin, dass denkende, selbstkritische und mitfühlende Eltern für ihre Kinder die besten Psychologen sein können. Wohl auch, weil Zuwendung Zeit kostet, die man lieber "zukauft" oder sich vom Staat "schenken" lässt. Alexander Mitscherlich machte sich 1963 Sorgen über das Heraufdämmern einer "vaterlosen Gesellschaft". Eine Neuauflage seines epochalen Werkes trüge wohl den Titel "Die elternlose Gesellschaft".
Die Schule kann es nicht alleine richten. Das zeigt auch eine Untersuchung von Ganztagsschulen in Hamburg - die dort dank entsprechender bildungspolitischer Initiativen so zahlreich sind wie in keiner anderen deutschen Stadt - auf die Frage hin, wie viel Ganztagsschüler zu Hause arbeiten. Das Ergebnis: Wer zuhause nichts tut, schafft maximal den unteren Durchschnitt. Oberer Durchschnitt und Spitzen arbeiten regelmäßig, meist mit Hilfe der Eltern, die zumindest Interesse zeigen und damit motivieren.
Die Autoren waren beziehungsweise sind Erziehungsverpflichtete von fünf Kindern.