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"Mehr Rechte für Opfer" ist keine neue Forderung - mit diesem Anliegen treten Interventionsstellen gegen Gewalt schon seit Jahren an die Öffentlichkeit. Auch nach Erlass des Gewaltschutzgesetzes von 1997 gelte es, noch offene Lücken in der Legistik zu schließen. Unterstützung erhalten die Organisationen dabei teilweise von Parteien. So arbeitet die SPÖ derzeit an einem Entwurf, der mehr Maßnahmen zum Schutz der Opfer von Gewalttaten nach sich ziehen soll.
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Es ist keine neue Erfindung: Schon in den 80er-Jahren setzten sich Opferschutzeinrichtungen für verstärkte Maßnahmen zur Gewaltprävention ein. Ein wichtiger Schritt wurde vor knapp vier Jahren gesetzt. Am 1. Mai 1997 trat das Gewaltschutzgesetz in Kraft - und damit auch das viel beachtete "Wegweiserecht" und Betretungsverbot (siehe Kasten).
Prävention vor Strafe
Die weitere Verbesserung des Systems zur Gewaltprävention haben sich alle Parteien auf die Fahnen geheftet. Auffassungsunterschiede gibt es in dieser Hinsicht allerdings einige. So wirft die Opposition den Regierungsparteien vor, sich auf Strafverschärfung zu beschränken. Doch: Gewaltprävention sei mehr als Strafen heraufzusetzen, ist beispielsweise Terezija Stoisits, Justizsprecherin der Grünen, überzeugt. "Unter Opferschutz ist nicht zu verstehen, dass man Strafen für Täter verstärkt", betont sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Auch die Therapiemöglichkeit sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden.
Was die Opferseite anbelangt, rückt Stoisits zwei Bereiche in den Mittelpunkt: Die Frage des Schadenersatzes einerseits und die Stellung des Opfers im Strafverfahren andererseits. Denn das Schadenersatzrecht greife nicht immer, auch sollte es verstärkt Schadenersatz für immateriellen Schaden geben. Und die Position des Opfers im Strafverfahren sollte verbessert werden.
Denn bisher war diese Stellung keine starke. "Die Rolle des Opfers ist eine der Schwäche-Positionen in der österreichischen Strafjustiz", bestätigt auch FPÖ-Justizsprecher Harald Ofner. Das Opfer könne nur als Zeuge am Prozess teilnehmen, danach sei für ihn im Strafverfahren lediglich die Rolle des Privatbeteiligten vorgesehen, um finanzielle Ansprüche geltend machen zu können.
Nur materieller Schaden
"Es gibt eigentlich nur Ersatz materiellen Schadens", streicht Ofner hervor. Doch es sollte vielmehr die Möglichkeit geschaffen werden auch Ansprüche abseits von Geld zu stellen.
Ansätze davon gibt es im Fall von Sexualdelikten, weist ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter hin. Als Pilotprojekt wurde darin immaterieller Schadenersatz eingeführt. Allerdings müsse dieser vom Opfer eingefordert werden, könnte aber vom Staat - wie bei ausbleibenden Alimentenzahlungen - vorgeschossen werden, schlägt Fekter vor.
Eine generelle Lösung zu finden sei allerdings ausgesprochen schwer. Denn die Opferrolle sei nicht immer klar, meint Fekter. Es handle sich nicht immer um Opfer von Gewalttaten sondern beispielsweise auch um jene von Verkehrsunfällen, die gleichzeitig mitschuldig sein können. Auf der anderen Seite "machen es sich Richter oft leicht und verweisen Opfer auf den Zivilprozess", fügt sie hinzu.
Als Anregung von der ÖVP führt Fekter bessere Information der Opfer an. Denn nicht zuletzt dadurch, dass die betroffene Person lediglich als Zeuge im Strafverfahren fungiert,werde sie spät in den Prozess involviert. Dabei könnte es schon im Vorfeld verpflichtende Information der Exekutive an Opfer geben.
Diese Informationspflicht fasst die SPÖ weit. In einer im Dezember präsentierten Enquete forderte sie "Mehr Rechte für Opfer". Ein entsprechender Gesetzesentwurf befindet sich in Ausarbeitung, im März soll er im Parlament eingebracht werden.
Zwei Strafdelikte mehr
So fordert auch die SPÖ umfassende Information und Beratung von Opfern in allen Stadien des Verfahrens. Beispielsweise sollen die Betroffenen auf die Möglichkeit zur schonenden Einvernahme oder auf das Recht zur Mitnahme einer Vertrauensperson bei der Vernehmung hingewiesen werden.
Weiters enthält der Entwurf zwei neue Strafdelikte, die in das Strafgesetz aufgenommen werden sollen. Das eine betrifft so genanntes Stalking - Bedrängung und Belästigung einer Person oft über einen längeren Zeitraum hinaus. Ein weiterer Strafbestand soll der Situation Rechnung tragen, dass Opfer meist bereits eine Serie von Straftaten erdulden mussten, bevor sie sich entschließen, Anzeige zu erstatten. Doch nicht nur - wie bisher - die letzte Tat sollte sanktioniert werden, sondern auch wiederholt gesetzte Strafdelikte. "Es ist klarzustellen, dass gewalttätiges Verhalten strafwürdiges Verhalten ist", begründet SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl.
An Verbesserungen im bestehenden System arbeitet auch der Gewaltpräventionsbeirat, der Ende 1996 beim Innenministerium eingerichtet wurde. Allerdings konzentriert er sich auf die Prüfung von Tätigkeitsberichten - beispielsweise der Interventionsstellen - oder der Ausarbeitung von Vorschlägen zur weiteren Gewaltprävention.
Langsame Umsetzung
Manche Maßnahmen lassen sich dabei leichter umsetzen als andere, erläutert der stellvertretende Vorsitzende des Beirats, Heinz Drobesch. Weniger Probleme bereiten teilweise organisatorische Vorschläge: So lasse es sich mit relativ wenig Aufwand einrichten, dass Opfer früh und umfassend informiert werden.
Anderes dauert länger - nicht zuletzt weil neben dem Innenministerium andere Ministerien und Einrichtungen involviert sind. So wird die von vielen Seiten geforderte Stärkung der Rolle des Opfers im Strafverfahren wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen.