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Die Entscheidung des Finanzministers, dem deutschen Spielautomaten-Betreiber Gauselmann im Palais Schwarzenberg eine Casino-Lizenz zu geben, ist für die Casinos Austria ein herber Schlag. Es offenbart allerdings auch eine politische Zeitenwende, die bis vor kurzem noch vollkommen undenkbar war: Ein ÖVP-Obmann entscheidet sich gegen Raiffeisen, und zwar in einer für die Giebelkreuz-Organisation wesentlichen Angelegenheit.
Solchen ÖVP-Obleuten wird normalerweise ein gewisser Todestrieb unterstellt. Was sich da spät am Donnerstag im Büro des Finanzministers abgespielt hat, könnte auch in einem Krimi stehen. Denn Raiffeisen kontrolliert mit seinen 36 Prozent die Casinos Austria. RZB-Chef und oberster Raiffeisen-Funktionär Walter Rothensteiner ist Aufsichtsratspräsident des Unternehmens. Der frühere ÖVP-Obmann und nunmehrige Raiffeisen-Manager Josef Pröll sitzt ebenfalls im Casino-Aufsichtsrat.
Die Entscheidung für das Palais Schwarzenberg ist für Casinos in Wien und Baden ein ungeheurer Schlag, mit direkten negativen Auswirkungen auf den Unternehmenswert der Casinos Austria. Es darf daher ruhig angenommen werden, dass sich Raiffeisen diese Entscheidung nicht einfach gefallen lassen wird.
Neben den rechtlichen Möglichkeiten gibt es natürlich auch politische. Michael Spindelegger hat - nach seiner Hypo-Entscheidung und harschen Kapitalvorschriften - Raiffeisen das dritte Mal in einer wesentlichen Sache links liegen lassen. Da hinter Raiffeisen der Bauernbund steht, kriegt er damit langsam ein Problem. Der Wirtschaftsbund steht dem ÖAAB-Mann Spindelegger schon länger kritisch gegenüber. Mit der jetzigen Entscheidung dürfte er sich beim Bauernbund, dessen Obmann Jakob Auer auch einer der Top-Raiffeisen-Funktionäre ist, ebenfalls Zores einhandeln.
Natürlich ist Spindeleggers Entscheidung auch für den Vorstand der Casinos Austria eine existenzielle Frage, doch dabei wird es wohl nicht bleiben. Hinter den Kulissen wird es in der Volkspartei in den kommenden Wochen hart zur Sache gehen. Wenn sich Spindelegger mit seiner Linie durchsetzt, dann brechen in Österreich neue Zeiten an. Die Allmacht Raiffeisens wäre gebrochen. Wenn sich Spindelegger allerdings nicht durchsetzt, dann steht die ÖVP vor einer öffentlich geführten Obmann-Debatte.