Milliarden für Ausbau des Bahnnetzes. | Lkw-Maut auf Schweizer Niveau? | Mitholz/Bern. Der Bauleiter freut sich. "Wir haben heute eine gute Luftqualität", sagt Pierre Ferin, während er durch einen Abschnitt des Lötschbergtunnels führt. "Manchmal reicht die Sicht nicht einmal auf 15 Meter." Lampen an der Decke beleuchten schwach die halbrunde Röhre, Arbeiter verschalen die Wände. Bis zu 6000 Kubikmeter Beton werden pro Woche hier eingebaut.
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Die Baustelle Mitholz ist ein Vorzeigeprojekt: An die 200.000 Menschen haben sie bereits besichtigt. Ab Dezember 2007 sollen mehr als hundert Züge pro Tag mit bis zu 250 Stundenkilometern unter dem Lötschberg durchfahren. 34,6 Kilometer wird der Eisenbahntunnel lang, noch länger wird der ebenfalls in Bau befindliche Gotthardtunnel: 56 Kilometer.
Während in Österreich seit Jahren über den Semmeringtunnel diskutiert wird, wird in der Schweiz gebaut. Und das Ziel der Verlagerung von Lastkraftwagen auf die Schiene mit einer flächendeckenden hohen Lkw-Maut unterstützt. In Tirol wird auf das Schweizer Vorbild gerne verwiesen.
Die Regierung in Bern hat sich vorgenommen, die Zahl der Lkw auf der Straße bis 2009 auf 650.000 zu halbieren. Rund 31 Milliarden Franken (etwa 20 Milliarden Euro) investiert sie in den Ausbau des Bahnnetzes durch die Tunnel. Zusätzlich wird eine "Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe" eingehoben. Die Gebühr rechnet die gefahrenen Kilometer, das zulässige Gesamtgewicht sowie die Schadstoffklasse ein und gilt für Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen. Ein Kilometer kostet rund 60 Cent; in Österreich im Schnitt 22 Cent.
Mehr Tonnen auf Straße
"Künstliche Verteuerung" des Transports auf der Straße, nennt es die Schweizer "Weltwoche". Und trotz der in die Bahn investierten Steuermilliarden, sei kaum ein Effekt zu bemerken, rechnet die Zeitschrift vor: Während im Jahr 2000 die Schweizer Bahnen 20,6 Millionen Tonnen transportierten, waren es 2003 noch 19,9 Millionen Tonnen. In diesem Zeitraum steigerten die Transporteure auf der Straße die Tonnage von 8,9 auf 11,6 Millionen Tonnen. Allerdings ist die höchstzulässige Transportmenge angehoben worden.
Der für Verkehr zuständige Bundesrat Moritz Leuenberger verweist lieber auf einen jüngeren Trend: Im Vorjahr habe der Transit via Bahn gegenüber der Straße erstmals zugenommen. Zwei Drittel des Güterverkehrs wurde auf der Schiene abgewickelt. In Österreich - wo mittlerweile doppelt so viel Lkw-Transit rollt wie über die Schweiz und Frankreich zusammen - war es ein Viertel.
Leuenberger plädiert für eine Angleichung der Lkw-Maut in Europa auf Schweizer Niveau. Erst wenn die Gebühr auch in anderen Ländern vergleichbar hoch sei, werde ein Verlagerungseffekt von der Straße auf die Schiene eintreten.
Eine Vereinheitlichung kann aber Jahre dauern, wie die Debatte um die Wegekostenrichtlinie zeigt. Für die EU-Verkehrsminister war es schon schwierig genug, sich auf EU-weite Regeln zur Berechnung der Maut zu einigen.