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Das Wort "Geheimdienst" bekommt im Fall des deutschen Verfassungsschutzes eine ganz besondere Bedeutung. Denn die 16 Landesbehörden und das zentrale Bundesamt wissen voneinander so gut wie nichts. Auch zu anderen Sicherheitsbehörden wie dem Bundeskriminalamt dringen weder erworbenes Wissen noch die Namen von Informanten - zumindest, was den Rechtsextremismus betrifft. Bei islamistischem Terror existieren gewisse Mechanismen, die zumindest gegenseitige Hinweise auf Spitzel erlauben.
Als das Verfassungsgericht im Jahr 2003 einen Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD aufhob, stellte sich hingegen heraus, dass gleich mehrere Verfassungsschutzbehörden NPD-Funktionäre bis in die Parteiführung hinein als V-Leute führten, ohne das voneinander zu wissen. Das geht wohl über den nötigen Schutz von Informanten vor möglichen Racheakten aus dem Milieu hinaus.
Diese sogenannten Verbindungsmänner seien notwendig, meint der deutsche Innenminister, um Erkenntnisse über das Innenleben von extremistischen Zirkeln zu gewinnen und so für Sicherheit zu sorgen. Unterstützung in dieser Ansicht bekommt er auch von einigen SPD-Vertretern. Aber sogar CDU-Fraktionschef Volker Kauder bezweifelt die Sinnhaftigkeit: "Ein Instrument, das uns nichts bringt, nützt uns auch nichts", sagt er mit Blick auf die jahrelang mordende Zwickauer Terrorzelle.
Diese stammt aus dem "Thüringer Heimatschutz", einem Sammelbecken örtlicher Neonazis. Tino Brandt, früherer Heimatschutzchef und späterer Landes-Vize der NPD, war von 1994 bis 2001 selbst V-Mann des Verfassungsschutzes, wofür er insgesamt 200.000 Mark kassierte. Das zeigt die ganze Problematik dieses Instruments, das nicht mit verdeckten Polizeiermittlern zu verwechseln ist. Denn die V-Leute sind echte Mitglieder einer meist kriminellen Szene, die den Behörden als Spitzel dienen - sei es aus finanziellen Gründen oder um sich so der Strafverfolgung zu entziehen.
Damit können die Behörden nie wirklich sicher sein, dass den vertraulichen Informationen auch wirklich zu trauen ist. Schließlich verfolgen solche Spitzel vor allem eigene Interessen - sie könnten unliebsame Konkurrenten vernadern wollen oder auch aus ideologischen Gründen falsche Informationen weitergeben.
Die Karlsruher Verfassungsrichter konnten zudem wegen des Umstands, dass V-Leute in den höchsten NPD-Parteigremien vertreten waren, nicht ausschließen, dass der Staat selbst Einfluss auf die Aktionen der Rechtsextremen nehmen konnte - der V-Mann als Agent provocateur also. Das NPD-Verbot scheiterte daran.