In Österreich ist die Verteidigungs- vor allem Parteipolitik, gesamtstaatliche Interessen sind sekundär.
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In Deutschland geht es flott. Mit breiter Mehrheit einigten sich die Parteien Ende Mai auf den 100 Milliarden Euro schweren Sonderfonds zur Aufrüstung der Bundeswehr. Neben den regierenden Ampel-Parteien sind auch CDU und CSU an Bord. Die notwendige Zweidrittelmehrheit in Bundesrat und Bundestag ist gesichert, um den Sonderfonds im Grundgesetz zu verankern.
In Dänemark stimmte das Volk am Mittwoch ab, ob die Regierung den EU-Verteidigungsvorbehalt ihres Landes abschaffen soll. Es würde dem Land ermöglichen, nicht mehr nur an zivilen, sondern künftig auch an militärischen EU-Missionen teilzunehmen und sich an der gemeinsamen Entwicklung von Waffensystemen zu beteiligen.
Während der Ukraine-Krieg andere Länder zu sicherheitspolitischen Entscheidungen drängt, herrscht in Österreich gähnende Leere. Debatten wie jene über die Neutralität sind unerwünscht. Ein paar Zahlen für ein höheres Militärbudget wurden zwar genannt, seitdem schleppt sich die angekündigte Aufrüstung aber dahin. Eine überparteiliche Kooperation ist nicht in Sicht.
Denn Verteidigungspolitik ist in Österreich vor allem Parteipolitik, gesamtstaatliche Interessen sind sekundär. Anstatt gemeinsam über ein Paket zu verhandeln und es dann öffentlich zu präsentieren, ist es in Österreich umgekehrt. Ende März wurde offenbar aus ÖVP-Kreisen medial ein quasi schon fertiges "Neutralitätspaket" mit einem Sonderfonds und einer Budgetverdoppelung für das Bundesheer angekündigt. Blöd nur, dass nicht nur die Opposition nichts davon wusste, sondern auch der grüne Koalitionspartner. Die Grünen stehen wiederum bei der Wiedereinführung verpflichtender Milizübungen auf der Bremse. Sie wird zwar von Militärexperten gefordert, aber weil sie zu einer Verlängerung des Zivildienstes führen würde und Wähler verprellen könnte, sind die Grünen dagegen.
Der Tunnelblick auf den Zivildienst prägte bereits die Volksbefragung über die Abschaffung des Wehrdienstes. Auch hier bestimmte die Parteitaktik die Debatten, die "Kronen Zeitung" trieb die SPÖ vor sicher her. Und welch Schindluder mit der Sicherheitspolitik getrieben wurde, zeigen auch die Parteibuchwirtschaft und die Umfärbungen bei Bundesheer und Verteidigungsressort der vergangenen Jahre.
In friedlichen Zeiten sind ein solches Lagerdenken und derartige Stümpereien noch eher zu verkraften. Mit dem Ukraine-Krieg sollte es nun aber endlich zu einem Umdenken kommen.