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Die Sicherheitsillusion

Von Adrian Lobe

Gastkommentare
Adrian Lobe hat Politik- und Rechtswissenschaft in Tübingen, Paris und Heidelberg studiert und ist freier Journalist.

Städte und Flughäfen werden zu Festungen ausgebaut - die eigentlichen Gefahren lauern aber in der Vernetzung unseres Alltags.


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Flugzeuge waren bisher eine analoge Zone. Davon zeugt der Flugmodus auf Handys, der alle Funkverbindungen kappt. Wer mit der Außenwelt kommunizieren wollte, musste entweder bis zur Landung warten oder ein überteuertes Bordtelefon nutzen. Doch das wird sich bald ändern. Immer mehr Airlines bieten ihren Passagieren kostenloses WLAN an. Passagiere können über den Wolken Mails checken oder Online-Banking machen. Das klingt komfortabel. Doch die Sache hat einen Haken.

Der Sicherheitsforscher Ruben Santamarta warnt, dass Hacker über das Inflight-Entertainment auf Steuerelemente zugreifen und so die Kontrolle über die Maschine übernehmen können. In einem heimlich gedrehten Video demonstrierte er, wie man via Fernbedienung Befehle in die Datenbank einschleusen und die Kontrolle über das Unterhaltungssystem erlangen kann. Zudem wäre der Zugriff auf Kreditkarteninformationen, die unverschlüsselt im System gespeichert sind, denkbar.

Es ist schon paradox: Da werden Flughäfen zu Hochsicherheitstrakten aufgerüstet, mit Sicherheitschecks, Sprengstoffkontrollen und Nacktscannern. Doch die Sicherheitsarchitektur von Flugzeugen ist offen wie ein Scheunentor. Wie passt das zusammen?

In seinem Buch "Risikogesellschaft" argumentiert der Soziologe Ulrich Beck, dass wir uns im Übergang von einer Industrie- zu einer Risikogesellschaft befinden. Es gibt eine Reihe von Risiken: Kernkraft, Klimawandel, transnationaler Terrorismus, aber auch das "digitale, globale Freiheitsrisiko", das Beck schon früh benannt und seinem Katalog hinzugefügt hat. Unter dem Eindruck globaler Risiken fragen sich die Menschen zunehmend, ob die Pension sicher ist, was Lebensversicherungen noch wert sind oder ob das gefahrlose Reisen mit dem Flugzeug noch möglich ist. Es gehört zu den verstörendsten Phänomenen der Moderne, dass westliche Gesellschaften heute zu den sichersten, aber zugleich auch zu den ängstlichsten überhaupt zählen. Der Staat, der das Gewaltmonopol innehat und für Sicherheit bürgt, reagiert auf diese allgemeine Verunsicherung mit immer neuen Sicherheitsmaßnahmen: Er legt Gefährderprofile an, verstärkt die Überwachung im öffentlichen Raum (durch Gesichtserkennungssysteme und Videokameras) und lässt vor Straßen Poller aufstellen. Manche Innenstädte muten bereits wie Festungen an.

Es gibt mittlerweile mannigfaltige Sicherheitssysteme, von Assistenzsystemen bis hin zur Firewall im Smart Home, die aber alle eine Illusion von Sicherheit erzeugen, weil längst klar ist, dass diese Systeme kompromittiert werden können. Autos, Fernseher, Küchengeräte, sogar Flugzeuge und Staudämme wurden gehackt. Und vielleicht sogar bald Wahlen.

In einer immer komplexer werdenden Welt kann man Sicherheit nicht herstellen, sondern- wie das Klimawandel- oder Kernkraftrisiko - nur "managen". Das ist unbefriedigend, aber eine Wahrheit, die die Politik in postfaktischen Zeiten aussprechen muss. Die Schaffung absoluter Sicherheit war schon immer eine Illusion. Doch mit der steigenden Vernetzung und Interdependenz hat man in einer Risikogesellschaft nur die Sicherheit, dass nichts sicher ist.