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Die "Sicherheitsstrategie" ist keine "Strategie"

Von Friedrich Korkisch

Gastkommentare

Die Aneinanderreihung von Nullaussagen und Irrtümern und das Festhalten an Unwahrheiten passen ins politische Bild dieses Landes. Man ist sich (was zu erwarten war) in den Parteizentralen einig, hier liege eine "Strategie" vor, dazu gibt es Konsens, und nur Details und die Frage Wehrpflicht oder Berufsheer sind strittig. Mit 1,8 Milliarden Euro Budgetanteil (Rahmen "Netto Landesverteidigung" ab 2013 ohne Eurofighter-Raten; zugleich Rahmen für eine "kleine Lösung" Berufsarmee) sinkt der Anteil des Bundesheeres am BIP noch weiter ab, und nur darum geht es. Deswegen geht auch niemand zum Finanzminister und verlangt mehr Geld, denn der Staat ist bankrott.


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Die Bevölkerung schluckt das und erkennt nicht, was hier negativ "staatstragend" von allen Parteien gespielt wird. Und die Militärs? Seit Wolfgang Schüssel hat eine bundesheerfeindliche Politik aller Parteien das Heer zerstört, und die Verteidigungsminister haben zugesehen, wie man es zu einem bewaffneten Sozialdienst reduziert hat. Viele Militärs haben durch Schweigen und Mitwirkung Beihilfe geleistet, weil sie ihre Karriere in der Mini-Armee (mit 160 Generalen) nicht gefährden wollten. SPÖ-, ÖVP- und FPÖ-politisch gebundene Offiziere und Beamte haben seit dem Jahr 2000 gefügig unter dem Titel "Primat der Politik" dabei zugesehen, wie das Heer von der Politik unter Begriffen wie "Reform", "Transformation" oder "Anpassung an die Europäische Sicherheitspolitik" (die es bis heute nicht gibt) vorsätzlich in den Abgrund geführt wurde.

Da wird verlogen an der Neutralität festgehalten, die man mit den EU-Verträgen offiziell aufgegeben hat. Da wird Neutralität und Solidarität gleichermaßen gefordert ("proaktiv"). Es wird neutralitätswidrig die Beistandsklausel und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (Gasp) beschworen, obwohl diese im Sterben liegt und Frankreich und Großbritannien nationale Strategien (ohne EU) formuliert haben. Da wird "neutralitätskonform" die Sicherheit auf Nachbarstaaten ausgelagert.

Da wird die Krise der EU an eine imaginäre "Peripherie" verlagert und der Mittelmeer-Dialog der EU begrüßt, den es nicht gibt, oder die OSZE genannt, die seit Jahren eigentlich nicht mehr handlungsfähig ist.

Da liest man ein wenig über "Salzburg 2020", Nato, Terror, Cyber-Attacken und Korruption, über die Verteidigung von Demokratie, Freiheit, Würde und Schutz der Bevölkerung (?) - es wird aber nicht gesagt, wer diese umsetzen soll (das Bundesheer wird das nicht können) und wie und wo.

Natürlich ist man bei der Proliferation von Massenvernichtungswaffen voll dabei, ist gegen illegale Migration (vermutlich wie bisher), gibt die Souveränität an die EU in Brüssel ab, beharrt aber kurioserweise auf eine "volle staatliche österreichische Souveränität". Keine Kampfeinsätze des Bundesheeres (so unsere Politiker), aber "Battle Groups": Das ist ein Mix von Unklarheiten, die bewusst in das Papier hineingeschrieben wurden.

Friedrich Korkisch ist Leiter des Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.