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Die Preisspirale bei Weizen dreht sich mit geradezu atemberaubender Schnelligkeit. Seit Anfang Juli - und damit binnen weniger Wochen - sind die Marktpreise für das wichtigste Brotgetreide um fast die Hälfte hinaufgeschossen. | Dieser Preisanstieg - er ist der stärkste seit 1970 - lässt Erinnerungen an die Lebensmittelkrise vor zwei Jahren wach werden. Damals kam es unter anderem bei Brot zu massiven Verteuerungen, weil Naturkatastrophen, die starke Nachfrage in Ländern wie China und der Biosprit-Boom rund um den Globus für knappe Mengen beim Rohstoff Weizen gesorgt hatten.
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Diesmal sind die Gründe für das kräftige Steigen der Weizenpreise jedoch anders gelagert. Streng genommen ist es die Sommerhitze, die auf den Märkten Nervosität aufkommen lässt. Denn die Trockenheit in Ländern wie Russland, der Ukraine und Kasachstan bedroht die dortigen Ernten. Es wird befürchtet, dass diese Länder - sie zählen zu den zehn größten Weizenexporteuren der Welt - ihre Ausfuhren erheblich drosseln werden, um zumindest ihre heimischen Verbraucher voll beliefern zu können.
Die Aussicht auf geringere Erntemengen (durch eine Dürre) ruft natürlich auch eine Vielzahl von Spekulanten auf den Plan. Sie wollen von dieser Entwicklung profitieren und heizen die Gerüchteküche munter zusätzlich an, um die Preise hochzutreiben.
Bisher ist ihre Rechnung aufgegangen. Doch die jetzige Blase könnte mit großem Getöse ebenso rasch wieder platzen, wie sie sich aufgebaut hat. Mit der realen Angebots- und Nachfragesituation hat der enorme Preisschub nämlich nichts mehr zu tun.
Denn weltweit gibt es gerade bei Weizen seit knapp zwei Jahren wieder einen Überschuss in der Produktion, geben Rohstoffexperten zu bedenken. Aufgrund der Nahrungsmittelkrise waren in vielen Ländern die Anbauflächen wesentlich vergrößert worden.
So sind beispielsweise in den USA die Lagerbestände so hoch wie seit 23 Jahren nicht mehr. Selbst wenn die Bauern in diesem Jahr eine geringere Ernte in die Scheune fahren, bleiben die Silos noch immer voll.
Fachleute schätzen, dass sich die Lagerbestände auf weltweit knapp 200 Millionen Tonnen belaufen. Dies gilt als höchster Stand seit neun Jahren. Und deshalb dürfte der jüngste - vor allem von Spekulanten getriebene - Höhenflug auch bald wieder vorbei sein.
Weizen ist also nach wie vor in ausreichenden Mengen vorhanden. Die aktuellen Preisschübe sind somit als irrational zu werten - und die befürchteten Versorgungsengpässe, die das Grundnahrungsmittel Brot spürbar verteuern könnten, als Chimäre. Die Trendumkehr dürfte schneller kommen, als so manchem Spekulanten lieb sein dürfte. Sobald die Marktteilnehmer aus ihrer Dürre-Halluzination erwachen und sich wieder an die (über)vollen Silos erinnern, aus denen sich die Nachfrage bequem bedienen lässt, ist der jetzige "Preisspuk" bei Weizen zu Ende.
Siehe auch:Brot und Bier bald teurer?