Im Sportgeschäft sind Räder statt Skier der Renner - Ski-Hersteller bleiben cool.
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Wien. Wohin das Auge reicht, werden derzeit in den Sportgeschäften trendige Ski-Modelle zu Kampfpreisen angeboten: Minus 40 Prozent auf alle Brettln bei Hervis, bei Intersport gibt es teils sogar minus 50 Prozent. Ob die Menschen angesichts aperer Wiesen und Gassen in Ostösterreich die große Ski-Kauflaune packt, ist allerdings fraglich.
"Bleiben die Temperaturen weiterhin mild, erwarten wir bis zum Saisonende bei den Ski-Verkäufen ein Minus von sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Sollte es kälter werden, rechnen wir mit einem ausgeglichenen Ergebnis", sagt Gabriele Fenninger, Vorstandsvorsitzende bei Intersport Österreich. Deutlich stärker sind schon jetzt die Rückgänge bei Snowboards (minus 20 Prozent) oder Eissportartikeln (minus 14 Prozent).
Laufschuh statt Snowboard
Während diese Wintersportgeräte im Regal bleiben, kaufen die Kunden wie wild Outdoor-, Fahrrad- oder Lauf-Ausrüstung, wie Fenninger berichtet. Die Zuwächse liegen hier bei Intersport im zweistelligen Bereich. Für den Sporthändler erfreulich, da dadurch Verluste im Wintersportgeschäft - das rund 45 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht - wieder wettgemacht werden können.
Keine Beruhigung ist das freilich für die Ski-Hersteller. Sie befürchten, dass die Sportartikelverkäufer halbvolle Lager in die nächste Saison mitschleppen und dadurch im Frühling weniger neue Ski ordern werden. "Ende November lagen wir um fünf Prozent hinter dem Vorjahrsergebnis", sagt Wolfgang Mayrhofer, Atomic-Chef und Sprecher der österreichischen Ski-Industrie. Die Buchungslage in den Skigebieten und eine frühere Oster-Saison als voriges Jahr stimmen die Branche allerdings zuversichtlich. "Wir hoffen, dass wir noch aufholen", sagt Mayrhofer.
Bis Saisonende rechnet er mit 350.000 verkauften Paar Ski. Das Weltmarktvolumen schätzt Mayrhofer heuer auf 3,5 Millionen Paar ein. Für die Hersteller ein stabiler Verlauf, mit dem sie zufrieden sind. Obwohl die Branche eigentlich aus ganz anderen Dimensionen kommt: In den 1990ern wurden jährlich acht Millionen Paar Ski verkauft.
Was ist passiert? Die große Krise erlebte die Ski-Industrie bereits 2006, zwei Jahre vor der Lehman-Pleite: Weltweit stiegen die Konsumenten beim Ski-Kauf auf die Bremse. Die Konkurrenz durch andere Freizeitbeschäftigungen sei in den vergangenen Jahren zunehmend größer geworden, erklärt ein Branchenexperte. Dass auch die Popularität des Skifahrens mit den Jahren nachgelassen habe, wollen die Fachleute so nicht interpretiert wissen. Vielmehr habe sich die Ski-Euphorie auf einem realistischen Maß eingependelt. Die Hersteller hätten gelernt, nicht blind drauflos zu produzieren, sondern auf Auftragsbasis zu arbeiten.
Internationale Übernahmen
Die Ski-Industrie musste sich einer Bereinigung unterziehen. Traditionsmarken wie Kneissl, Kästle oder Hagan sind nahezu verschwunden. Die Big Player lassen sich fast an einer Hand abzählen - bis auf Fischer sind alle heimischen Produzenten unter Kontrolle internationaler Unternehmen und Investoren.
Neben dem Handel machen die Ski-Fabrikanten bereits 35 Prozent ihres Geschäfts mit dem Verleih. Erfreulich dabei: "Wer sich heute Ski ausleiht, gibt sich nicht mehr mit alten, zerkratzten Brettln zufrieden. Die Skifahrer wollen neueste Modelle", so Mayrhofer. Das führt dazu, dass die Skiverleiher im Schnitt alle zwei Jahre den Bestand austauschen, neue Ski bestellen und die alten an Skigebiete in der Ukraine, Polen oder Bulgarien verkaufen.