Zwei Drittel der Straßen gelten als sehr unfallträchtig. | Straßenmarkierung ist oft mangelhaft. | Bratislava. Jahrelang hatte man jenseits der Grenze anerkennend - wenn nicht sogar fast schon ein wenig neidisch - auf den Ausbau des hochrangigen Straßenverkehrs in der Slowakei geblickt. Denn während es etwa in Österreich lang dauerte, bis man sich zum Bau der letztlich 2007 fertiggestellten Autobahnverbindung zwischen Wien und Bratislava durchringen konnte, gab es das entsprechende Anschlussstück auf slowakischer Seite bereits 1998.
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Doch nun hat eine Studie des Europäischen Straßeneinschätzungsprogramms (EurRAP) dem Image des slowakischen Straßennetzes einen gehörigen Dämpfer verpasst. Gut zwei Drittel davon sind nämlich in einem so schlechten Zustand, dass ein Autofahrer sich selbst oder andere schon mit dem geringsten Fahrfehler in Lebensgefahr bringt.
Für die Untersuchung hatte die EurRAP Statistiken der vergangenen drei Jahre zu Autounfällen mit Toten und Schwerverletzten ausgewertet und daraus eine "Risikokarte" erstellt. Dabei verfuhr sie nach dem Prinzip, dass eine Straße hochgradig unfallträchtig ist, wenn sich auf ihr trotz vergleichsweise niedrigen Verkehrsaufkommens besonders schwere Unfälle ereignen.
Insgesamt analysierte die Organisation 200 Streckenabschnitte. Von den überprüften 5063 Straßenkilometer auf Autobahnen, Schnellstraßen und Wegen der sogenannten ersten Klasse wurden allerdings nur 243 Kilometer als "wenig risikoreich" eingestuft. Eine Fahrt auf anderen Strecken ist zumindest "mittelriskant". Damit sind die Straßen in der Region noch weit entfernt von den Standards der europäischen Spitzenreiter Großbritannien, Irland, Italien, Schweiz, Niederlande und Slowenien.
Diese Einschätzung trifft die Slowaken hart, weil die Zahl der Unfälle mit Toten und Verletzten zuletzt merkbar zurückgegangen ist und damit vor allem die in den vergangenen Jahren deutlich verstärkten Polizeikontrollen Früchte getragen haben. Im Vorjahr starben 347 Menschen infolge eines Verkehrsunfalls, 2008 waren es noch 558 und damit 38 Prozent mehr. Schwerverletzte gab es 1408, das Jahr zuvor waren es 1806 und damit 22 Prozent mehr.
Besonders gefährlich sind der EurRAP-Studie zufolge drei Abschnitte in der Ostslowakei: die Straßen zwischen Snina und Ubla, zwischen Lubotin und Sabinov und zwischen Spisska Bela und Stara Lubovna. Autofahrten seien im allgemeinen besonders riskant auf Straßen, wo der Verlauf des Gegenverkehrs nicht gut sichtbar markiert ist.
Ein Großteil des Straßennetzes sei in einem solch schlechten Zustand, "dass es sehr wahrscheinlich ist, dort einen anderen Verkehrsteilnehmer zumindest erheblich zu gefährden, wenn nicht sogar zu töten, wenn man auch nur einen Moment unaufmerksam ist", kommentiert Martin Juck vom Slowakischen Autotouristen-Club die EurRAP-Ergebnisse. Zugleich kritisiert er die slowakische Straßenverwaltung. Sie stufe einen Streckenabschnitt erst dann als gefährlich ein, wenn sich dort sehr viele und schwere Unfälle ereignen, berücksichtige aber anders als EurRAP nicht das tatsächliche Verkehrsaufkommen.