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Die Sonne hinter dem Mond

Von Heiner Boberski

Wissen

Die partielle Sonnenfinsternis am 20. März testet auch die Energieversorgung in Mitteleuropa.


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Wien. Hinter dem Mond werden Menschen eingeordnet, die vom praktischen Leben auf dieser Erde keine Ahnung zu haben scheinen. Hinter dem Mond kann aber bisweilen auch die Sonne verschwinden. Schiebt sich der Mond nur teilweise vor den Fixstern unseres Sonnensystems, spricht man von einer partiellen Sonnenfinsternis, verdeckt er sie ganz, von einer totalen, wie sie in Österreich zuletzt am 11. August 1999 beobachtet werden konnte.

Am 20. März 2015 ist bei klarem Wetter immerhin eine partielle Sonnenfinsternis - der Mond wird maximal 63 Prozent der Sonnenfläche abdecken - zu sehen. Wien wird ab 9.37 Uhr vom Kernschatten des Mondes betroffen sein, das Maximum ist um 10.46 Uhr, das Ende um 11.58 Uhr zu erwarten - in Bregenz findet all das jeweils zehn Minuten früher statt. Dabei dürfte es bei uns aber "kaum merklich dunkler" werden, meint Alexander Pikhard, Präsident der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie. Eine totale Sonnenfinsternis werden nur die Bewohner der Färöer-Inseln und Spitzbergens erleben.

Herausforderung für die Netzbetreiber

Das Ereignis gilt auch als Test für Europas Stromnetze. Im Fall einer Wolkendecke wird es sich auf die Stromeinspeisung aus Photovoltaik-Anlagen kaum auswirken, bei heiterem Wetter ist hingegen mit starken Netzschwankungen zu rechnen. Für Österreich sieht der Übertragungsnetzbetreiber APG trotzdem wenig Probleme. Wenn von der hierzulande installierten Photovoltaik-Leistung von 800 Megawatt 50 bis 60 Prozent wegfallen, lasse sich das mit dem normalen Regelenergievolumen kompensieren, erklärte APG-Vorstand Gerhard Christiner.

In Deutschland, das eine installierte Photovoltaik-Leistung von rund 39.000 Megawatt aufweist, ist man laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" schon deutlich nervöser. Die großen Netzbetreiber Tennet, 50 Hertz, Amprion und Transnet-BW bereiten sich mit der Bundesnetzagentur, die eine "besondere Herausforderung an das Netz" erwartet, auf den 20. März vor, teils auch mit Urlaubssperren für Mitarbeiter.

Fällt die Stromerzeugung plötzlich aus, müssen rasch Ersatzkapazitäten für Stabilität im Netz sorgen. Fahren die Solaranlagen binnen kurzer Zeit wieder hoch, müssen die anderen Kraftwerke ebenso flott zurückgefahren werden, damit nicht zu viel Strom im Netz ist. Der Europäische Verband der Netzbetreiber Entso-E rechnet damit, dass an diesem Tag um die 35.000 Megawatt an installierter Solarenergie wegfallen könnten, das würde fast 80 mittelgroßen konventionellen Kraftwerken entsprechen. Es seien weitreichende Probleme möglich, sagt Konstantin Staschus, Geschäftsführer des Verbandes: "Die Folgen der Sonnenfinsternis betreffen nicht nur Deutschland, sondern auch Italien, Frankreich und die Beneluxstaaten."

Dabei wird es nicht nur auf das Wetter, sondern auch auf das Verhalten der Menschen ankommen: Schalten sie mehr Strom ein, wenn es dunkel wird, und gleich wieder ab, wenn es wieder heller wird? Gehen viele ins Freie, um sich das Naturschauspiel anzuschauen? Verbrauchen sie in diesen rund zweieinhalb Stunden eine ähnliche Strommenge wie an anderen Tagen oder nicht? Die Netzbetreiber sind gefordert, das System unter allen Umständen in Balance zu halten.

Beim Blick in die Sonne ist große Vorsicht geboten

Augenärzte und Optiker empfehlen dringend, zum Beobachten einer Sonnenfinsternis eine spezielle Finsternisbrille zu verwenden. Mit bloßem Auge oder einem ungefilterten Fernglas auch nur sekundenlang direkt in die Sonne zu schauen, kann - oft erst nach Jahrzehnten - gravierende Augenschäden und Erblindung zur Folge haben.

Schon die Babylonier - nachweislich ab etwa 800 vor Christus - konnten Sonnenfinsternisse berechnen. 585 vor Christus trugen die Lyder gegen die Meder in einer Schlacht den Sieg davon, weil der gelehrte Thales von Milet sie auf das Eintreten einer Sonnenfinsternis vorbereitet hatte, während ihre Feinde das Himmelsereignis als böses Omen deuteten und sich furchtsam zurückzogen.

Wie sehr man von der Erfahrung einer Sonnenfinsternis ergriffen sein kann, ist beim Dichter Adalbert Stifter nachzulesen, der über die totale Sonnenfinsternis vom 8. Juli 1842 schrieb: "Nie und nie in meinem ganzen Leben war ich so erschüttert, wie in diesen zwei Minuten, es war nicht anders, als hätte Gott auf einmal ein deutliches Wort gesprochen und ich hätte es verstanden."

Eine totale Sonnenfinsternis gibt es in Wien erst im Jahr 2227 wieder zu sehen, in Kärnten besteht schon 2081 die Chance.