Lichtspektren werden im Kernstück zu Strom und Wärme. | Höherer Gewinn bei weniger Fläche auf dem Dach. | Berlin. Die Sonne - Quelle allen Lebens und schier unerschöpflicher Energielieferant. "Wissenschaftler haben berechnet, dass die auf die Erde einstrahlende Sonnenenergie etwa das Zehntausendfache des gesamten Primärenergieverbrauches der Menschheit decken könnte. Doch leider sieht die Realität anders aus: Derzeit ist der Anteil der Solarenergie an unserem Wärme und Energieverbrauch noch unter einem Prozent", sagt der Solarenergieexperte Uwe Vincenz von Institut für angewandte Technik (IAT) im Thüringischen Altenburg. Um allein die Energiemenge herzustellen, die die Sonne im Weltraum freisetzt, müssten mehr als eine Billiarde Kernkraftwerke in Betrieb genommen werden. Für die Lebenszeit der Sonne von etwa vier Milliarden Jahren steht also Energie im Überfluss zur Verfügung. Die Menschen müssen nur lernen, sie vernünftig zu nutzen.
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Deshalb haben sich die Erfinder um den gelernten Maschinenbauingenieur daran gemacht, jede einzelne Komponente der bestehenden Solaranlagen durchzuchecken und auf ihre Effizienz und Verbesserungsfähigkeit zu prüfen. Die erste und entscheidende Verbesserung entwickelten sie schon bei dem Kernstück jeder Solaranlage: dem Kollektor. Sie verbanden die Energiegewinnung durch Photovoltaik und Solarthermie miteinander.
Bis jetzt gab es nur die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Kollektoren entweder Wärme oder Strom zu erzeugen. Doch die Sonne bietet zwei verschiedene Lichtspektren zur Energiegewinnung: Die Photovoltaik bedient sich aus dem sichtbaren Lichtspektrum der Sonne und liefert Strom. Die Solarthermie wandelt das Infrarotspektrum des Lichtes in Wärme für Heizung und Wasser um. Der neu entwickelte Kollektor ist als einziger weltweit in der Lage, diese beiden Formen des Sonnenlichtes zu nutzen.
Dadurch kann etwa ein Hausbesitzer sowohl Strom als auch Wärme aus der Sonnenenergie gewinnen. Dadurch wird er wesentlich unabhängiger, als wenn er nur ein System auf dem Dach installiert hätte.
Neues Kühlsystem
Doch der eigentliche Clou dieses Hybridsystem ist seine Kühlung: Die Photovoltaikzellen werden normalerweise bei der Aufheizung durch die Sonne bis über 100 Grad heiß. Die optimale Leistung der Solarzellen liegt aber bei etwa 25 Grad Celsius, von dort an verlieren sie an Effizienz, je wärmer sie werden. Die Solarhybrid-Technologie stoppt diese Aufheizung bei etwa 60 Grad, indem das Wasser aus dem unter den Solarzellen gelagerten solarthermischen Kreislauf die Wärme aus dem Kollektor abführt.
"Das macht sich auch finanziell bemerkbar", weiß Vicenz, nämlich wenn die Energie in ein öffentliches Stromnetz eingespeist wird. Mit dem Hybridsystem kann der Endverbraucher je nach Sonneneinstrahlung bis zu 30 Prozent mehr Strom produzieren und damit eine weit höhere Einspeisevergütung von den Netzbetreibern erhalten, als bei herkömmlichen photovoltaischen Anlagen.
Und es gibt noch einen weiteren Vorteil: Der Hybridkollektor braucht viel weniger Montageleistung und Fläche, als wenn man beide Systeme auf dem Dach installieren würde. "Die natürliche Zielgruppe für solche solarenergetische Systeme sind dezentrale Nutzer, also zum Beispiel Einfamilienhäuser. Die Anwendung ist aber auch für Mehrfamilienhäuser sowie Schwimmbäder, Hotels und Krankenhäuser denkbar, da sie dort am effektivsten arbeiten, wo ständig warmes Wasser über den Tag gebraucht wird", sagt Peter Albring, Hauptbereichsleiter im unabhängigen Institut für Luft- und Kältetechnik (ILK) in Dresden.
Trotz dieser Weiterentwicklung hat die Energiegewinnung durch die Sonne in unseren Breiten noch einen großen Nachteil. Im Winter gibt es zu wenig Sonne und im Sommer wird durch die vermehrte Sonneneinstrahlung fast immer zu viel Energie produziert.
Überschüssige Energie
Da es noch kein Speichermedium gibt, um überschüssige Sonnenenergie im Sommer bis in den Winter zu speichern, haben sich die Erfinder des IAT daran gemacht, diese Energie wenigstens zu verwerten. Sie entwickelten einen Thermogenerator, der die überschüssige Wärmeenergie der Solarthermie in elektrische Energie umwandelt.
Dieser in den solarthermischen Kreislauf integrierte Thermogenerator basiert auf einem schon in der russischen Raumfahrt verwendeten System. Dabei werden sogenannte kristalline Seebeck-Elemente mit dem unterschiedlich warmen Wasser des Solarthermiekreislaufes durchströmt: das durch die Solarthermie erwärmte Wasser und das kalte Rücklaufwasser. "Durch die Temperaturdifferenz an den beiden Enden der Seebeck-Elemente bilden sich Thermodiffusionsströme, die eine elektrische Spannung erzeugen", erklärt Vincenz. Die dadurch erzeugte Energie kann dann wieder genutzt oder in das Stromnetz eingespeist und verkauft werden.
Zukunftsmodell
Allerdings steckt diese Technik noch in den Kinderschuhen, denn bis jetzt hat der Thermogenerator erst einen Wirkungsgrad von knapp über vier Prozent. Trotzdem ist Albring optimistisch: "Es gibt ein großes Potenzial zum Energieeinsparen durch die Nutzung von Abwärme, die bisher an die Umgebung abgegeben wird. Deswegen ist das Aufgreifen des Gedanken der Stromerzeugung mit einem Thermogenerator sehr interessant und lohnt, wissenschaftlich-technisch weiterverfolgt zu werden."
Bereits in Serie
Das neue Hybridsystem hat auch den Betriebswirt und Geschäftsführer der Solarhybrid AG, Tom Schröder, überzeugt. Er hat den Tüftlern die Patente anteilsmäßig abgekauft und lässt die Elemente der Anlage jetzt industriell anfertigen. In einer Fabrik in Markranstädt bei Leipzig werden die Hybridkollektoren seit kurzem serienmäßig hergestellt. Mit Hightechmaschinen sollen 120.000 Hybridkollektoren pro Jahr produziert werden.
Auch Schröder sieht dies recht optimistisch: "Schon jetzt müssen die Verbraucher im Schnitt 16 Prozent mehr für ihren Energieverbrauch ausgeben als noch vor fünf Jahren. Wenn man ganz konservativ annimmt, dass die Energiepreise in den nächsten 10 Jahren um nur 8 Prozent im Jahr ansteigen, hat sich die Solarhybridanlage für ein Einfamilienhaus schon nach 10 Jahren amortisiert."