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"Die Sorge vor dem großen Ansturm von Arbeitskräften war übertrieben"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv
Die Öffnung des Arbeitsmarktes sollte Österreich als Chance ansehen, findet Kommissar Andor. Foto: EU-Komm.

Interview mit EU-Kommissar Laszlo Andor: "Mehr legale Beschäftigung durch Marktöffnung."


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"Wiener Zeitung": Wenn die Arbeitsmarktbeschränkungen am 1. Mai fallen, wird es zu einem Ansturm von Niedriglohnarbeitern aus den osteuropäischen Staaten kommen. Das waren offensichtlich die Befürchtungen in Österreich und Deutschland. Können Sie diese Sorgen nachvollziehen?

Laszlo Andor: Ich war erst vor kurzem in Wien und Berlin und konnte keine wirkliche Angst mehr vor einem großen Zustrom erkennen. Vorher gab es die Befürchtung wahrscheinlich, denn irgendeinen Grund mussten die sehr langen Übergangsfristen ja gehabt haben. Aber inzwischen rechnen beide Länder mit einem recht moderaten Zulauf von Arbeitnehmern: In Österreich werden rund 20.000 und in Deutschland etwa 100.000 erwartet.

Österreich ist also im Vergleich stärker betroffen?

Weil sich die Wirtschaft in beiden Ländern ziemlich dynamisch erholt und die Arbeitslosigkeit fällt, wird es da wie dort keine Störungen am Arbeitsmarkt geben. Im Gegenteil: Sie werden in ein oder zwei Jahren einen Arbeitskräftemangel haben. Die Öffnung sollte daher eher als Chance denn als Bedrohung wahrgenommen werden. Vor allem gut ausgebildete Menschen, die auch die Sprache ausreichend sprechen, gehen nach Österreich und Deutschland.

War die Angst vor dem großen Ansturm also irrational?

Sie war übertrieben. Denn die Öffnung wird mehr legale Arbeit bringen. Bisher gab es den nachteiligen Effekt, dass manche Leute, die arbeiten wollten, es illegal taten oder ein falsches Unternehmertum vorgaben. Jetzt gibt es dafür keinen Anreiz mehr, was für die Beschäftigung und die Wirtschaft besser ist.

Wäre es daher besser gewesen, den Arbeitsmarkt früher zu öffnen?

Wahrscheinlich ja. Wenn Österreich und Deutschland im nächsten Jahr gute Erfahrungen machen, könnten sie ihren Zugang gegenüber Rumänien und Bulgarien noch überdenken, die bei der aktuellen Runde der Öffnung nicht dabei sind.

Für Bulgarien und Rumänien sieht es doch eher nicht danach aus. Länder wie Großbritannien und Irland, die früher ihre Arbeitsmärkte geöffnet hatten, lassen sie jetzt geschlossen.

Aber Deutschland und Österreich könnten ihre Arbeitsmärkte unabhängig davon öffnen, was andere Länder machen. Und sie wollen sich ja wohl nicht mit Großbritannien und Irland vergleichen. Das eine droht heuer in eine neuerliche Rezession zu stürzen, das andere befindet sich offensichtlich in einer schweren Krise.

Könnte die Arbeitsmarktöffnung in Österreich und Deutschland nicht auf der anderen Seite einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in Bulgarien und Rumänien nach sich ziehen?

Probleme gibt es in medizinischen Berufen. In einigen sogenannten neueren Mitgliedstaaten haben die Regierungen mittlerweile ziemliche Probleme, Ärzte und Krankenschwestern von der Auswanderung abzuhalten.

Der Ungar Laszlo Andor (44) ist EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration.