Wrabetz macht Rennen um ORF spannend. | Lindner gilt aber weiterhin als Favoritin. | BZÖ als Zünglein an der Waage. | Wien. Manche Dinge ändern sich offensichtlich nie. Auch diesmal wird die Wahl einer neuen ORF-Führung zum erbitterten Ringen, bei dem hinter den Kulissen die Parteizentralen die Fäden ziehen. Überraschungen gehören dabei ebenso zur festen Dramaturgie wie Ablenkungsmanöver der beteiligten Akteure.
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In dieses Bild passt auch die Kandidatur von Alexander Wrabetz, der am Donnerstag von einer Regenbogenkoalition bestehend aus rot, grün, orange, blau und farblos ins Rennen um den künftigen Generaldirektor von Österreichs größtem Medienunternehmen geschickt wurde. Dort trifft der ORF-Finanzdirektor auf Amtsinhaberin Monika Lindner, die die erklärte Favoritin der 15 ÖVP-nahen Stiftungsräte ist, sowie auf vier weitere Kandidaten, von denen jedoch lediglich ORF-Programmplaner Wolfgang Lorenz Außenseiterchancen eingeräumt werden.
Wrabetz selbst gab sich bei seiner Präsentation am Donnerstag betont selbstbewusst. Er rechne bei der Wahl am 17. August mit den Stimmen von 20 Stiftungsräten - dabei würden schon 18 zur notwendigen absoluten Mehrheit im 35-köpfigen obersten Aufsichtsratsgremium reichen (siehe Grafik unten). Der Neo-Kandidat dürfte bei seiner Rechnung schlicht alle Stiftungsräte, die nicht zum ÖVP-Freundeskreis zählen, auf sich addiert haben.
Bleibt nur die Frage, ob alle, die Wrabetz auf den Schild gehoben haben, ihm im entscheidenden Moment auch ihre Stimme geben. Keinen Zweifel dürfte es hier bei den SPÖ- und Grün-nahen Stiftungsräten geben. Sie haben keinen Grund, Lindner im Amt zu bestätigen. Und selbst der einzige blaue Stiftungsrat gelobt, dem SP-nahen Finanzdirektor seine Stimme zu geben.
Nicht ganz so eindeutig liegen die Dinge beim BZÖ. Immerhin sind die Orangen nach wie vor Regierungspartner der ÖVP und bei der ORF-Wahl mit ihren fünf Stiftungsräten Zünglein an der Waage. Die Wahl von Wrabetz würde das koalitionsinterne Klima wohl spürbar belasten. Und der sehnlichste Wunsch des BZÖ, nämlich nach den Wahlen neuerlich in eine Regierung einzuziehen, würde wohl ebenfalls einen argen Dämpfer erhalten. Immerhin ist die ÖVP aus heutiger Sicht der einzige realistische Koalitionspartner für das BZÖ, wenn es sich denn ausgehen sollte.
Der Verdacht liegt daher nahe, dass das BZÖ bei seiner Entscheidung über den 17. August hinausdenkt, wie es ein ÖVP-naher Stiftungsrat gegenüber dieser Zeitung ausdrückt. Demnach ginge es dem orangen Bündnis nun in erster Linie darum, den Preis für eine Wahl Lindners möglichst weit hinaufzutreiben und so die eigenen Interessen am Küniglberg zu wahren.
BZÖ-Chef Peter Westenthaler lässt sich weiterhin alle Optionen offen. Zwar nennt er das Bewerbungskonzept Lindners nicht zufriedenstellend, daraus könne man jedoch nicht ableiten, dass deren Wahl ausgeschlossen sei. Spätestens beim Hearing vor dem Stiftungsrat am Donnerstag habe die Amtsinhaberin ja noch die Möglichkeit, das BZÖ von ihren Qualitäten zu überzeugen . . .