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Die Spitze des Eisbergs

Von Tamara Arthofer

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Natürlich gäbe es einiges zu sagen über Ada Hegerberg: Die Norwegerin hat mit nur 23 Jahren 250 Karrieretore geschossen, zuletzt 53 in einer Saison mit Olympique Lyon, 15 davon für das siegreiche Team in der Champions League. Am Montag durfte sie bei einer Gala der französischen Zeitschrift "France Football" den erstmals in dieser Kategorie vergebenen Ballon d’Or für die weltbeste Fußballerin entgegennehmen; sie sprach von "einem großen Schritt für den Frauenfußball" und ermunterte Mädchen und Frauen, an ihre Ziele zu glauben. Moderator Martin Solveig fiel darob nichts Besseres ein, als Hegerberg zu einem "Twerk" aufzufordern - einem Tanz mit Fokus auf das Gesäß, der mit kreisenden und ruckelnden Hüftbewegungen ausgeführt wird. Hegerberg reagierte verdutzt, verließ mit einem "Nein" die Bühne, nahm aber später die Entschuldigung an. Er habe niemanden beleidigen wollen, es habe sich um einen "Scherz - vielleicht einen schlechten" gehandelt, erklärte Solveig. Doch es war halt nicht nur ein blöder Ausrutscher, über den man vielleicht hinwegsehen könnte. Es war die Spitze eines Eisbergs, der alle Schichten des Sports im Generellen und des Fußballs im Besonderen durchdringt; man denke nur an die Jubiläumsgala des FC Basel vor zwei Wochen, bei der die Fußballerinnen Lose verkauften und mit Sandwiches abgespeist wurden, während ihre männlichen Kollegen und die Gäste sich am Drei-Gänge-Menü labten. Es ist letztlich genau jene Einstellung, die es Frauen und Mädchen so schwer macht, den Rat Hegerbergs anzunehmen. Es entbehrt nicht einer gewissen unfreiwilligen Ironie, dass Solveig dieses Problem ausgerechnet bei der Ehrung der besten Fußballerin offenkundig gemacht hat.