Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Immer, wenn es einer Partei schlecht geht, beginnt eine Debatte um Köpfe. Die ÖVP kann davon Lieder singen. So gesehen, findet sich die SPÖ in einer vorherzusehenden Situation. Die Wahlen laufen schlecht, die Ränder in der Partei fransen aus, Fliehkräfte setzen ein. Interessanterweise beginnen häufig diejenigen eine Debatte, die am wenigsten zum Gedeih der Gemeinschaft beitragen. Im Fall der SPÖ können hier zum Beispiel der Tiroler Parteichef Georg Dornauer (85.650 Stimmen trug Tirol bei der Nationalratswahl 2017 zu den insgesamt 1.361.746 roten Stimmen bei), aber auch Burgenlands Hans Peter Doskozil (mit sage und schreibe 64.070 Stimmen) genannt werden. Immerhin stellt die SPÖ im Burgenland den Landeshauptmann. Die Zahlen sprechen jedenfalls für sich.
Kaum hatte Joy Pamela Rendi-Wagner in November 2018 Christian Kern als Parteichefin abgelöst, fühlten sich eben diese beiden Herren bemüßigt, der ersten Frau an der Spitze der Sozialdemokratie das Leben schwer zu machen.
Und damit begann auch schon die Verunsicherung einer Frau, die bis dahin als tolle Ärztin, als Immunologin, Sektionschefin eine wunderbare Figur gemacht hatte. Rendi-Wagner ist herzeigbar, charmant, klug. Warum also funktioniert es dann nicht? Das liegt zum einen an den Querschüssen vom Start weg, das liegt am internationalen Gegenwind für die Sozialdemokratie - wenn man Dänemark, Spanien und Portugal einmal vernachlässigt. Das liegt aber noch an zwei weiteren entscheidenden Fakten: Der SPÖ fehlt das Gesicht und der SPÖ fehlen die Themen.
Mit dem Gesicht ist natürlich nicht gemeint, dass das der Chefin nicht passen würde, es fehlt vielmehr das Profil. Die Menschen müssen in der heutigen personalisierten Politik etwas mit der Person verbinden können - außer dass sie nett ist. Hinzu kommt, dass ihr durch schlechtes Coaching ihre Frische genommen wurde. Die Schärfung ihres Profils hat Rendi-Wagner selbst verabsäumt. Für die Inhaltsleere ist sie aber nicht alleine verantwortlich zu machen. Da hätten sich die Herren Landesparteichefs einbringen können. Hat jemand etwas gehört? Etwas Konkretes nämlich?
Stattdessen kommen die alten roten Männer nun mit einem, der schon zweimal in der Vorsitzfrage durchgefallen ist: mit dem 63-jährigen Medienmanager Gerhard Zeiler. Sehr originell, wirklich. Wer in diesem Land kennt Gerhard Zeiler, wodurch zeichnet er sich aus - außer vielleicht als schön körperlich mächtigeres Gegenüber zu Sebastian Kurz? Und natürlich kann jetzt, eineinhalb Wochen nach ihrer - einstimmigen! - Bestellung zur Spitzenkandidatin niemand öffentlich ihren Abgang fordern, aber dazu treiben kann man sie allemal. Da kann man nur mit Christian Kern sagen: Es gibt keinen Plan B.